Wie eine Ampel können Papageifische Farbe changieren. Mitbewohner schätzen sie vor allem wegen der Nahrung, die sie heranbringen.

Foto: Sánchez

Das Wasser an der karibischen Küste Kolumbiens ist warm und voller Leben. Korallenriffe säumen die Inseln Tesoro und Pavitos, sie beherbergen eine reiche Fauna sowie diverse Algenspezies. Zwischen den Korallenkolonien kreuzen emsig bunte Fische umher. Eine ökologisch wichtige Art ist Sparisoma viride, der Signal-Papageifisch, benannt nach seiner variablen grün-gelben oder rötlichen Farbe. Die Tiere sind überwiegend Herbivoren, Pflanzenfresser, die sich zumeist von Algen ernähren. Mit ihrem schnabelartigen Gebiss beißen sie aber regelmäßig auch lebendige Korallenstücke ab. Sind die Schuppenträger Riffzerstörer?

Nein. Trotz ihrer Beißattacken gelten S. viride und verwandte Arten unter Wissenschaftern nicht als Übeltäter - im Gegenteil. Die von den Papageifischen verursachten Schäden sind nicht von Dauer, durch ihre grasende Aktivität fördern sie vielmehr die Korallenartenvielfalt und die Verjüngung der Riffe. Dementsprechend bezeichnen einige Fachleute sie bereits als sogenannte Schlüssel-Arten.

Die Rolle, die Papageifische für das Wohlergehen der Korallenriffe spielen, scheint sogar noch größer zu sein, als bisher angenommen wurde. In den nährstoffarmen Gewässern der Karibik und anderer tropischer Meeresgebiete sind die riffbildenden Polypen für ihr Überleben auf winzige Helfer angewiesen: die symbiotischen Zooxanthellen. Diese einzelligen Algen nisten sich im Gewebe der Korallentierchen ein und versorgen sie mit Zuckerstoffen als Zusatznahrung. Im Gegenzug liefern die Polypen ihren pflanzlichen Untermietern Kohlendioxid für die Fotosynthese und stickstoffhaltige Ausscheidungen, Dünger sozusagen.

Nachschub bei Erwärmung

Die Korallen bekommen ihre Symbionten entweder direkt von ihren Muttertieren in den Eiern mitgeliefert, oder sie holen sich die Algen aus der Umwelt. Und genau dazu gibt es noch einige offene Fragen. Zooxanthellen der Gattung Symbiodinium zum Beispiel werden nicht nur in Korallen gefunden. Sie leben auch auf Seetang, in Schwämmen und kommen sogar im Meeresboden vor.

Die Einzeller sind allerdings keine aktiven Schwimmer. Ihr Auftrieb ist gering, und sie können sich wahrscheinlich nicht über größere Entfernungen im freien Wasser bewegen, erklärt der Meeresbiologe Juan Sánchez von der Universidad de los Andes in Bogotá im Gespräch.

Doch es gibt offenbar noch eine andere Transportmöglichkeit. Sánchez und sein Forschungsteam studieren schon seit Jahren die Ökologie der Signal-Papageifische und ihr Verhalten im Riff und machten dabei eine hochinteressante Entdeckung. In den Kot-Pellets der Fische fanden die Experten lebensfähige Symbiodinium-Zellen, zum Teil in Konzentrationen von mehreren zigtausenden Individuen pro Milliliter.

Die Einzeller stammten aus genetisch unterschiedlichen Gruppen. Manche von ihnen kommen vornehmlich auf Großalgen vor, andere hauptsächlich in Korallen. Am häufigsten waren die vielseitigen Formen vertreten, die sowohl freilebend wie auch als Symbiont bekannt sind. Weitere Details wurden heuer vom Fachblatt Biology Letters online veröffentlicht.

Die Studie zeigt: Papageifische verbreiten Zooxanthellen und spielen vermutlich auch für die Versorgung der Korallenpolypen mit diesen lebenswichtigen Partnern eine entscheidende Rolle. Die Fische tragen somit wohl erheblich zur Erhaltung des Biotops und der eigenen Nahrungsversorgung bei. "Nach Störungen in der Umwelt wie zum Beispiel bei steigenden Wassertemperaturen, wie sie heutzutage immer öfter auftreten, brauchen Korallen Zooxanthellen-Nachschub", sagt Juan Sánchez. Und da schafft der Signal-Papageifisch Abhilfe. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.09.2011)