Matthias Sutter: Spitzenplatz im "Handelsblatt"-Ranking.

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Am Ende seines Theologiestudiums wollte Matthias Sutter eigentlich in Gesellschaftslehre und Sozialethik promovieren. Sein Professor wollte ihn jedoch nur als Doktorand, wenn er etwas von Wirtschaft verstünde. Also belegte er Volkswirtschaftslehre in Innsbruck zunächst als Mittel zum Zweck. Zunächst, denn: Im aktuellen Ranking des deutschen Handelsblatts wurde er nun in der Rubrik "Produktivste deutschsprachige Ökonomen 2007 bis 2011" auf Platz fünf (von 2400) gereiht.

Der 42-jährige Volkswirt forschte in Berlin und Zürich, war Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Ökonomie in Jena und ist neben seiner Professur an der Universität Innsbruck auch Part-Time-Professor im schwedischen Göteborg. "Das Theologiestudium hat meine Art zu denken und zu argumentieren beeinflusst. Ich profitiere insgesamt von der Breite an Themen, Perspektiven und Menschenbildern, die ich kennenlernen konnte", meint er rückblickend.

Sein Fachgebiet ist experimentelle Ökonomie, wobei diese Spezialisierung ebenfalls auf einen Ratschlag zurückgeht, den er intensiv beherzigte. Diesmal wollte sein Betreuer spieltheoretische Berechnungen überprüft sehen. Für die Dissertation über Abstimmungsmechanismen im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Währungsunion - heute ein aktuelleres Thema denn je - machte sich Matthias Sutter im damals neuen Feld schlau und bezahlte eine Simulation mit echten Probanden aus seinen Ersparnissen. Der Homo oeconomicus ist für den Vorarlberger aus Hard bei Bregenz "ein schönes, weil elegantes, aber übervereinfachtes Menschenbild".

In seinem Projekt "Cooperation, coordination & competition", gefördert vom Südtiroler Wissenschaftsfonds, geht es um die Frage, wie sich im Alter zwischen sechs und zehn Jahren die Fähigkeit von Kindern entwickelt, in Gruppen zu kooperieren und Handlungen effizient zu koordinieren. Zudem wird untersucht, "wie sich die Einstellung zu Wettbewerb in diesem Alter verändert, ob es Unterschiede zwischen Burschen und Mädchen gibt. Dieser Aspekt interessiert uns besonders, da Wettbewerb als wesentliche Voraussetzung für späteren Erfolg im Berufsleben gilt."

Schon in einem vom Wissenschaftsministerium finanzierten Sparkling-Science-Schul-Projekt konnte Sutter zeigen, dass Quotenregelungen für Frauen eine gute Wirkung erzielen: Demnach führen Quoten dazu, dass mehr und vor allem gute qualifizierte Frauen in den Wettbewerb gehen - was keine negativen Wirkungen auf Männer und deren Bereitschaft für Wettbewerb habe.

Fußball ist die "Wochenendforschung" des FC-Bayern-München-Fans. Kürzlich hat er untersucht, ob es bei einem Elfmeterschießen einen Unterschied macht, wenn eine Mannschaft als Erste oder als Zweite schießt. Im Gegensatz zu zwei Spaniern, die behaupten, dass der Vorteil 60:40 ist, fand sein Team in einem größeren Datensatz einen Vorteil, der von 50:50 nicht signifikant verschieden ist.

"Die Analyse menschlichen Verhaltens ist so spannend, dass ich es jeden Tag genieße und gespannt bin, was wir in unseren Daten entdecken können", beschreibt Sutter seine Motivation. Über das Management einer Familie mit zwei Kindern kann er von seiner Frau "immer wieder etwas lernen". (DER STANDARD, Printausgabe, 28.09.2011)