Bild nicht mehr verfügbar.

Das türkische Explorationsschiff Piri Reis beim Verlassen des Hafens von Izmir.

Foto: EPA/MEHMET OZDOGRU/ANATOLIAN AGENCY
Grafik: STANDARD

Mit 10,3 Knoten in der Stunde dampfte die Piri Reis am Dienstag um die Nordspitze Zyperns herum auf die neue Bohrinsel der griechischen Zyprioten zu. "Hoffentlich müssen wir nicht zu den Waffen greifen", raunte in Ankara der stellvertretende türkische Premier Bülent Arinc. Weil die griechischen Zyprioten seit einer Woche nach Gas bohren, haben nun auch die Türken ein Erkundungsschiff losgeschickt und halten die Kriegsflotte bereit. "Das internationale Recht gibt uns dazu die Erlaubnis", behauptete Arinc. Zwei Staaten im Gasrausch.

Auf einer 1000 Kilometer langen Strecke wollen die türkischen Forscher mit einem Kabel, das seismische Signale aussendet, den Meeresboden vor Zypern erkunden. Die Arbeit geht ohne Unterbrechung 24 Stunden am Tag voran, erklärte der Kapitän der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu. Und die Stimmung an Bord sei gut.

Es soll Reserven für 100 Jahre geben, posaunte Dervis Eroglu, der Führer der türkischen Zyprer. In New York, am Rand der UN-Generalversammlung, unterschrieb er vergangene Woche ein Abkommen mit dem türkischen Premier Tayyip Erdogan. Es regelt die Abgrenzung des türkischen Festlandsockels und gibt der türkischen Erdölgesellschaft TPAO die Lizenz zur Ausbeutung von Rohstoffvorkommen. Rechtliche Bindung hat das Abkommen keine. Nur Ankara erkennt die "Türkische Republik Nordzypern" an, die 1983, neun Jahre nach der Invasion durch die türkische Armee, ausgerufen wurde. Doch der Konflikt um das Gas und Öl zwischen der Türkei und dem EU-Mitglied Zypern ist sehr real und nur ein Teil des Streits um Rohstoffe im östlichen Mittelmeer.

283 Milliarden Kubikmeter Erdgas könnte der Block 12 enthalten, den der US-Konzern Noble derzeit für die zypriotische Regierung erkundet. Israelische Gesellschaften haben sich 30 Prozent Anteile für den Fall der Ausbeutung gesichert. Denn Noble bohrt schon im benachbarten, noch viel größeren israelischen Gasfeld Leviathan.

Die Türkei verknüpfe einfach die Frage der Gasbohrungen mit den innerzyprischen Gesprächen und behaupte, die Gasförderung sprenge die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung, stellte ein EU-Diplomat in Nikosia im Gespräch mit dem Standard fest. "Doch es stand immer außer Frage, dass der Wohlstand durch Energiefunde allen zufließt. Die türkischen Zyprer werden nicht übervorteilt." Griechenlands Premier Giorgos Papandreou griff am Montag zum Telefon und rief Erdogan zur Ruhe auf. Der hatte die Gasbohrungen eine "Verrücktheit" genannt.

"Problem importiert"

Die EU drohe nun in den Konflikt mit hineingezogen zu werden, meinte der Exvorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im türkischen Parlament, Suat Kiniklioglu, bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien. Die Aufnahme Zyperns in die EU ohne eine vorherige Lösung der Zypernfrage sei letztlich auch aus diesem Grund ein Fehler gewesen, "weil man so ein externes Problem nach Europa importiert hat". (Markus Bernath und Gianluca Wallisch, STANDARD-Printausgabe, 28.9.2011)