Ein neuer Anbieter soll das Speisen im Zug attraktiver machen, zumindest aber billiger. Im Railjet dürfte es künftig nur noch ein Zweiklassensystem geben: Premium kommt aufs Abstellgleis.

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Die Weichen sind Richtung "gute Qualität zum günstigen Preis" gestellt.

Wien – Das Rennen um einen neuen Speisewagenbetreiber für ÖBB-Schnellzüge geht in die heiße Phase. Viel Zeit bleibt Interessenten nicht, sie müssen bis 6. Oktober verbindliche Angebote legen – vorausgesetzt, sie haben sich im Sommer mittels Bankgarantie und Qualitätsnachweis als Bieter qualifiziert. Eine Entscheidung im Verhandlungsverfahren wird in Anbieterkreisen nicht vor Spätherbst erwartet.

Wer immer den Zuschlag erhält – als Interessenten werden neben dem aktuellen Speisewagenbetreiber E-Express in ÖBB-Kreisen Airest (früher AUA-Caterer) ebenso genannt wie Eurest, Elvetino (Caterer der Schweizerischen Eisenbahn SBB), die Vivatis-Tochter Gourmet Catering Service oder die Handelskette Spar – auf eines kann sich der neue Essen-auf-Rädern-Anbieter bereits einstellen: Die mit dem neuen ÖBB-Schnellzug Railjet im Dezember 2008 eingeführte Premium-Class hat ein Ablaufdatum. Mangels Auslastung stehe der Luxusklasse ein Downgrading auf "Business-Class" ins Haus.

In der ÖBB stellt man die anstehende Abrüstung des Railjet per Fahrplanwechsel im Dezember 2011 Abrede. Eine Sprecherin räumt aber ein, dass "an einer Angleichung des Railjet-Servicekonzepts an jenes der Intercity-Züge" gearbeitet werde. Unter Zugbegleitern gilt es allerdings als ausgemacht, dass der Premium-Aufschlag von 25 auf 15 Euro reduziert wird und mit ihm die inkludierte Premium-Verköstigung. In der Railjet-Business-Class wäre demnach mehr ein Freigetränk (Kaffee, Tee, Wasser oder Saft) inkludiert, serviert werde Essen wie bisher, aber – wie in der ersten Wagenklasse – gegen Bezahlung.

Wie bei der Railjet-Einführung, als der langjährige Anbieter E-Express um Millionen mit "Meinl am Graben" aufgepeppt wurde, könnte die Staatsbahn auch diesmal einen klingenden Namen servieren: Sarah Wiener gilt als Wunschkandidatin der neuen Personenverkehr-Führungsgarde. Ob sich die TV-Köchin das allerdings noch einmal antut, ist fraglich. Sie hat mit der Deutschen Bahn einschlägige negative Erfahrungen gemacht. Die ÖBB klassifiziert die Wiener-Variante als "Märchen".

Kreativmenüs, Luxusessen oder Bio scheinen aufgrund der Ausschreibung übrigens eher ausgeschlossen. Denn laut Standard-Recherchen schreibt die ÖBB ihren Bewerbern sogar Preislimits vor. Mineralwasser, Bier und Kaffee sollen billiger angeboten werden als derzeit. "Gute Qualität zu günstigen Preisen" skizzieren Insider die Devise. Ohne Zuzahlung der ÖBB dürfte freilich selbst das nicht möglich sein. Wie hoch dieses "Dienstleistungsentgelt" ist, verrät die Bahn nicht. Mit der Materie Vertraute taxieren es für 2010 auf rund zwölf Mio. Euro, davon 3,5 Mio. Euro für den Railjet.

Als "Herausforderung" bezeichnen Bewerber die Erstellung eines seriösen Angebots auf Basis der von der ÖBB am 20. September gegebenen Angaben zu Zügen, Fahrgästen, Servicepersonal. "Bei einem Vertrag bis Ende 2015 hast du schnell einen Megaverlust." Man wisse ja nie, ob 200 oder 400 Personen mitfahren. Als Hypothek gilt die Verpflichtung zur Übernahme von 540 Beschäftigten der E-Express. Selbige sei nicht vorgeschrieben, betont die ÖBB, sondern oblige dem Auftragnehmer. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 28.9.2011)