Ein Ei schlägt ein Loch in die Wand. Hindurchgeschaut bekommt man eins drüber: "The Flat" (1968).

Foto: Kunsthalle

Wien - Freud war es, der das Unheimliche mit dem Heimeligen in Verbindung brachte. Er beschrieb es als das, was passiert, wenn das dunkle Unvertraute plötzlich ins Vertraute einbricht. Und so wohnt auch in Jan Svankmajers Filmen der Grusel in den trauten vier Wänden. Diese richten sich mitunter gegen ihren Bewohner und werden zum irrwitzigen Gefängnis. Oder der Schauder wartet im Kohlenkeller, wo sich, beobachtet von den schreckgeweiteten Augen eines kleinen Mädchens, ein Männlein im Koks zur guten Nacht bettet oder ein Weiblein Kohlekuchen bäckt.

Dem tschechischen Künstler und Trickfilmmacher Jan Svankmajer (geb. 1934) widmet die Kunsthalle Wien ein kleines, düsteres Solo. Sie begleitet, so wie die Schau über Architekt Carlo Mollino, eine größere Retrospektive in Deutschland (Das Kabinett des Jan Svankmajer, Ursula-Blickle-Stiftung, Kraichtal, bis 22. 10.). Der einem seiner Horrorfilme folgende Titel der Schau - Das Pendel, die Grube und andere Absonderlichkeiten -, entführt in surreale Welten, in der arcimboldeske Composite-Wesen aus Knochen, Muscheln und Geweihen den Igel anspannen.

Svankmajers Collagen und skulpturale Arbeiten sind weit weniger bekannt als sein filmisches Schaffen, das etwa Filmemacher wie Tim Burton oder Darren Aronofsky begeisterte. Dass auch Terry Gilliam zu seinen Fans zählt, ist etwa im Flying Circus der Monty Pythons unübersehbar.

"Was auch immer aus meinem Unterbewusstsein kommt, verwende ich, weil es für mich die reinste Form hat." Für Svankmajer ist der Surrealismus nicht einfach Kunst, sondern eine Haltung zum Leben und "eine Reise in die Tiefen der Seele". Oder hinter die Spiegel von Alice im Wunderland: Alice lautet einer seiner Filme von 1988, in der sich die geistige Verwandtschaft zu Lewis Carroll und auch Edgar Allen Poe zeigt. Ein Verhältnis, das er selbst so beschreibt: Wir sind "mental auf derselben Seite des Flusses". (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD - Printausgabe, 27. September 2011)