Klagenfurt - Die Windkraftbranche der Welt hat am vergangenen Freitag nach Klagenfurt geblickt. Im Beispiel-Fall von Industriespionage wurde ein 38 Jahre alter ehemaliger leitender Mitarbeiter der AMSC-Tochter Windtec zu einer teilbedingten Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Er hatte laut Anklage Know-how des amerikanisch-kärntnerischen Windradentwicklers Windtec an den - inzwischen ehemaligen - chinesischen Kunden Sinovel verkauft.

Die internationale Berichterstattung zeigte, dass die Straftat eines Einzelnen in Kärnten keinen provinziellen, sondern einen globalen Hintergrund hatte. Egal ob "Financial Times", "Wall Street Journal" oder das Fachblatt "Rechargenews" - zig namhafte Nachrichtenmagazine rund um den Erdball berichteten über die Verhandlung "im kleinen Örtchen" Klagenfurt. Mit Sinovel aus China und dem US-Konzern AMSC streiten sich schließlich zwei der führenden Unternehmen der Windkraft-Branche.

Sinovel war mit Hilfe staatlicher Subventionen binnen kurzer Zeit zum zweitgrößten Windanlagenbauer weltweit emporgestiegen. Bis 2015 wollen die Chinesen Weltmarktführer sein. Ein Analyst der Bank Jefferies schreibt laut Financial Times Deutschland beispielsweise, dass "Sinovel mit Aufträgen in den USA, Brasilien, Schweden, Indien" und weiteren Staaten "gut voran kommt". Und genau hier spießt es sich: Die Länder sind die Hauptmärkte von westlichen Herstellern wie Siemens oder GE.

Die "Financial Times" analysierte, dass es sich um ein "relativ mildes Urteil" gegen den Angeklagten gehandelt habe. Sinovel habe mitgeteilt, dass "die Aussagen des Superconductor-Angestellten den Fakten widersprechen". Man habe niemals Geschäftsgeheimnisse oder geistiges Eigentum von AMSC-Mitarbeitern beschafft.

Das "Wall Street Journal" berichtete, dass AMSC am Freitag einen Quartalsverlust (per Ende Juni) von 37,7 Millionen Dollar (28,1 Mio. Euro) bzw. 74 Cent je Aktie zu verzeichnen hatte. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres machte man noch einen Gewinn von 9,2 Millionen Dollar oder 20 Cent je Aktie. Der AMSC-Umsatz fiel um mehr als 90 Prozent auf 9,1 Millionen Dollar - nach 97,2 Millionen Dollar im Jahr davor.

Das Magazin "Rechargenews" widmete der Verhandlung in Klagenfurt und der dazugehörigen Hintergrundgeschichte die Seite eins seines Blattes. "Der Schuldspruch ist ein gewichtiges Argument für AMSC im Rechtsstreit mit Sinovel vor internationalen Schiedsgerichten", zitiert das Blatt Andy Moody, den Teilhaber der internationalen Anwaltskanzlei Eversheds. Sinovel habe verlauten lassen, dass man mit 800 Forschern über fünf Jahre Entwicklungsarbeit geleistet habe, und daher keine AMSC-Geschäftsgeheimnisse benötige, so das Magazin.

AMSC hat Sinovel - die chinesische Firma bestreitet alle Vorwürfe der Industriespionage und behält sich den Rechtsweg vor - inzwischen auf Einhaltung aller Verträge und Schadenersatz geklagt. Dabei geht es um 250 Millionen Dollar. Das Urteil gegen den "Spion" aus Klagenfurt ist dabei ein wichtiger Punkt. Der Mann wurde - abgesehen von der Haftstrafe - auch zur Zahlung von 200.000 Euro an Windtec verurteilt. Von seiner Ex-Firma wird er inzwischen gar als "kooperativ" gelobt. Kein Wunder: Dürfte er doch zum Kronzeugen vor den internationalen Patentgerichten werden. (APA)