New York - Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu hat Forderungen nach einem neuen Moratorium für den Siedlungsbau im Westjordanland und Ostjerusalem zurückgewiesen. "Wir haben bereits geliefert", sagte Netanyahu der Tageszeitung "Jerusalem Post" vom Dienstag mit Blickrichtung auf einen auf Drängen der USA zustande gekommenen zehnmonatigen Baustopp (Ostjerusalem ausgenommen), den seine Regierung 2010 nicht zu verlängern bereit war. Die Palästinenser stellten die Forderung nach einem Moratorium "immer und immer wieder", um keine direkten Friedensverhandlungen führen zu müssen, sagte der Premier.

Netanyahu gab auch zu verstehen, dass er ein neues Projekt für mehr als 700 Siedler-Wohneinheiten in Gilo in Ostjerusalem nicht beeinspruchen werde, dessen Bewilligung durch das Innenministerium offenbar bevorsteht. "Wir bauen, so wie es alle israelischen Regierungen seit 1967 (Sechstagekrieg) getan haben", betonte er. Außenminister Avigdor Lieberman hatte vergangene Woche kategorisch ausgeschlossen, dass der Siedlungsbau "auch nur für einen Tag unterbrochen" werden könnte.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas macht die Wiederaufnahme von Verhandlungen von einem "völligen" israelischen Siedlungsstopp abhängig, wie er am Sonntag in einer Rede in Ramallah hervorgehoben hat. Israel hat eine halbe Million jüdischer Bürger völkerrechtswidrig im Westjordanland und Ostjerusalem angesiedelt. Die Vierte Genfer Konvention verbietet generell den Transfer der Bevölkerung der Besatzungsmacht auf besetztes Gebiet.

Sicherheitsrat vertagt Aufnahmeantrag der Palästinenser

Der Weltsicherheitsrat hat derweil die Entscheidung über eine Aufnahme der Palästinenser in die Vereinten Nationen vertagt. "Der Rat wird am Mittwoch um 9.30 Uhr (15.30 MEZ) wieder zu Beratungen in dieser Sache zusammentreten", sagte der Ratspräsident, der libanesische UN-Botschafter Nawaf Salam, am Montag in New York. Zuvor hatte der Rat eine gute Stunde über das kontroverse Thema beraten.

Damit ein Staat Palästina UN-Mitglied werden könnte, müssen mindestens neun der 15 Mitglieder des Sicherheitsrats grünes Licht geben, darunter alle fünf Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Die Vetomächte haben auch die Möglichkeit, sich zu enthalten. Später müsste die Vollversammlung die Aufnahme mit einer Zweidrittelmehrheit billigen. Die USA, ein enger Verbündeter Israels, kündigten jedoch bereits ihr Veto an.

Zeitplan für neue Gespräche

Angesichts des brisanten Schritts der Palästinenser legte das Nahostquartett aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und Russland inzwischen einen Zeitplan für neue Gespräche vor, die bis Ende 2012 zu einem Friedensabkommen führen sollen. Abbas fordert aber zuerst einen Siedlungsstopp der israelischen Seite, während Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu Bedingungen ablehnt.
Nach dem Willen des Quartetts soll binnen eines Monats ein Treffen zur Festlegung einer Agenda stattfinden. Drei Monate später sollen sich beide Seiten zu Grenz- und Sicherheitsfragen äußern und ab diesem Zeitpunkt auf eine verbindliche Vereinbarung zur Lösung der Probleme hinarbeiten. Zum Abschluss der Verhandlungen ist eine internationale Konferenz in Moskau vorgesehen.

Die deutsche Regierung bekräftigte am Montag ihre Unterstützung für den Plan. Die Regierung stehe hinter dem Vorschlag, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Beide Seiten müssten „möglichst schnell" wieder Verhandlungen miteinander aufnehmen. Außenminister Westerwelle werde sich auch in seiner Rede vor der Vollversammlung zu dem Thema äußern.

Aufgewerteter Beobachterstatus

Der deutsche Außenstaatssekretär Werner Hoyer schlug am Montag einen aufgewerteten Beobachterstatus für die Palästinenser bei der UNO vor. Das Modell eines „Nicht-Mitglieds-Beobachterstatus" habe sich etwa zur Zeit der deutschen Teilung bewährt, sagte Hoyer im SWR. Die deutsche Regierung habe sich außerdem noch nicht festgelegt, ob sie den Antrag der Palästinenser im UN-Sicherheitsrat unterstützen wolle. Deutschland ist derzeit als nicht-ständiges Mitglied im höchsten UN-Gremium vertreten.

Heinz Fischer versteht Kritik an Abbas nicht

Bundespräsident Heinz Fischer äußerte Unverständnis über "so manche" Kritik bezüglich des Antrags auf Aufnahme Palästinas als UNO-Vollmitglied. Fischer „versteht so manche Aufregung nicht, dass Abbas einen Antrag auf Aufnahme eingereicht hat", teilte sein Sprecher Bruno Aigner der APA am Montag telefonisch aus Vaduz mit. Der Bundespräsident begrüße es gleichzeitig, „dass es jetzt ein Zeitfenster für Verhandlungen gibt". „Jetzt ist die Möglichkeit, vernünftige Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern zu führen bzw. aufzunehmen", zitierte Aigner weiter.

Scharfe Kritik an der Haltung der österreichischen Parlamentsparteien, die - mit Ausnahme der ÖVP - den palästinensischen Anspruch auf Anerkennung als Staat und UNO-Mitgliedschaft befürwortet haben, übte derweil der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant. Wollen SPÖ, Grüne, FPÖ und BZÖ "judenreinen islamischen Apartheidstaat", heißt es in einer Presseaussendung am Dienstag (Mehr dazu hier). (APA/Reuters)