Washington - Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem ungarischen Gesetz zur vorzeitigen Tilgung von Fremdwährungskrediten befasst. Bei einer Sitzung am Dienstag in Frankfurt sei das Vorgehen der Regierung in Budapest "absolut negativ" beurteilt worden, sagte Nowotny am Freitag in Washington vor Journalisten. Außerdem sei eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die einen Bericht erstellen soll, in dem klargestellt wird, dass die ungarischen Pläne "auf europäischer Ebene keine akzeptable Vorgangsweise" sind.

Nach Ansicht von Nowotny schadet sich Ungarn mittel- und langfristig mit der geplanten Regelung, die in mittlerweile abgeschwächter Form im Parlament zur Abstimmung liegt, selbst. "Ein Land, das in private Kontrakte eingreift, verliert enorm an Glaubwürdigkeit."

Ungarn will seinen Bürgern ermöglichen, Kredite in ausländischen Währungen, etwa in Schweizer Franken, zu einem deutlich günstigeren Kurs als aktuell am Markt angeboten, zurückzuzahlen. Die Differenz zum Marktkurs müssten die Banken zahlen. Davon wären besonders viele österreichische Banken betroffen, die häufig Fremdwährungskredite angeboten haben.

Österreich müsse auch verhindern, dass andere europäische Staaten zum Schaden österreichischer Banken genauso handeln wie die ungarische Regierung, sagte Nowotny am Rande der Jahrestagung von Weltbank und IWF. Es handle sich um ein "systemisches Problem", zu dem die Europäische Zentralbank (EZB) Stellung nehmen sollte. In Österreich prüfen Banken und Experten des Finanzministeriums rechtliche Schritte gegen die vorzeitige Tilgung der Fremdwährungskredite in Ungarn und die Chancen auf Erfolg auf dem Klageweg. Der ungarische Bankenverband hat mit einer Verfassungsklage gedroht.

Auch Finanz-Staatsekretär Andreas Schieder (SPÖ) kritisierte in Washington im Gespräch mit Journalisten die ungarische Regierung, deren Vorgehen "den europäischen Gepflogenheiten und dem europäischen Rechtsrahmen keinesfalls Rechnung trägt". Schieder sieht aber keine Gefahr für die österreichischen Banken, auch wenn die anvisierten Maßnahmen "ökonomisch unangenehm" seien, und es "ungerechtfertigte Einbußen" geben werde.

Um zu verhindern, dass andere Länder - etwa das Noch-Nicht-EU-Mitglied Kroatien - genauso wie Ungarn handeln, will Schieder das Thema über die Staatskanzleien ansprechen. (APA)