Häuptlings-Hocker, 19. Jahrhundert, mit "echter" Gebrauchspatina und "von musealer Qualität".

Foto: Dorotheum

Über jeden Zweifel erhaben: die "Kifwebe"-Maske (140.000-160.000 Euro) aus der Sammlung Billy Wilders, die im Dorotheum den Besitzer wechseln soll.

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Oft auf Märkten, selten bei Auktionen, aktuell im Kunstforum.

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Bruno Gironcoli, Billy Wilder, Rudolf Leopold und Herbert Stepic eint eine Leidenschaft, konkret das Sammeln von Kunst aus Afrika. Die einen dürften dabei aus Sicht der Fachwelt allerdings eine glücklichere Hand bewiesen haben als manch anderer. Es ist ein für Laien und Anfänger schwieriges, weil komplexes Sammelgebiet und bedarf intensiver Auseinandersetzung mit der Materie, so man Fehlgriffe vermeiden will.

Beim versierten Fachhandel in Brüssel oder Paris geht die Fehlerquote gegen null. Bei Kleinanbietern in der Wiener Neustiftgasse, fasst ein anonymer Sammler im Standard-Gespräch zusammen, bekomme man eben das, was man verdiene. Billig sei da noch zu teuer, da werde aus der Unkenntnis der Käufer ganz ungeniert Kapital geschlagen.

Zu den gängigsten Böcken, die in diesem Jagdrevier lauern, gehören Nachbildungen, die, so Fachleute, ob ihrer Plumpheit nicht einmal den Begriff Fälschung verdienen. Airport-Ware lautet die abschätzige Bezeichnung solcher an Unbedarfte verscherbelten Objekte. Auf alt getrimmt und nach Selchkammer stinkend, werden sie in als Galerien getarnten Souvenirshops verkauft - und auf den Märkten im Hinterland, denn die Locals haben längst gelernt, Besucher lieben zwischen Gewürzen und Trockenfisch hervorgezauberte Trouvaillen: rituelle Gegenstände, Masken und andere Zeremonialutensilien, Hocker, Textilien, kleine Keramik- und große Bronzefiguren, die mitsamt der Assoziation übersinnlicher Kräfte dann ihren Weg nach Europa antreten. Rezentes Kunsthandwerk, lautet der noblere Terminus.

Nette Deko, die ein bisschen Exotik in die Wohnzimmer oder Vorstandsetagen zaubert, vielleicht angesichts wachsenden Umfangs dann in Kisten verpackt und in den Keller verbannt wird. Solange sie genau dort bleibt, fein. Und dieser Aspekt ist nun Stadtgespräch, vorerst nur in Wien, womöglich bald schon in Brüssel.

Die Anzahl der Interviews, die Herbert Stepic zu "seiner" Ausstellung Afrika, Afrique, Africa gegeben hat, ist dem Raiffeisen-Boss im Gespräch mit dem Standard nicht in Erinnerung: In keinem behauptete er aber, es handle sich ausschließlich um hochwertige Kunst. In allen war von einer Herzensangelegenheit die Rede und von seiner Faszination für diesen Kontinent. Fünf Jahre lang habe er sich um eine Ausstellung bemüht und an diverse Türen der Wiener Museumslandschaft geklopft. Vergeblich. Beim KHM soll er angeblich ebenso abgeblitzt sein wie beim Völkerkundemuseum.

Prächtige Lachnummer?

Dann fand er Unterschlupf, im Bank-Austria-Kunstforum, in dem es bislang nur Originale zu sehen gab und das sich als Kooperationspartner bedeutender Institutionen wie der Royal Academy (London) oder dem Guggenheim Museum (New York) vermarktet. Das Problem: The Stepic Collection kommt mitsamt dem begleitenden Katalog in einer Aufmachung daher, die, so Kritiker, musealen Anspruch erhebt, diesen aber nicht erfüllen kann. Darüber stand in den zahlreichen Artikeln, die im Umfeld der Eröffnung der Ausstellung Ende August erschienen, nichts. Warum soll es Medienvertretern auch anders gehen als 99 Prozent der Bevölkerung, die sich mangels besseren Wissens blenden lassen müssen, wie es ein kritischer Sammler formuliert.

Beispielhaft etwa der Falter, der von einer "prächtigen Sammlung" (35/11), der Menge an Imitaten wegen nun einen Schweizer Sammler zitierend, auf "Lachnummer" (38/11) revidierte. Inoffiziell bestätigen das vom Standard kontaktierte Experten ("grandioser Schmarrn", "peinlicher Eitelkeitsparcours"). Offiziell will niemand diese Angelegenheit kommentieren, manche flüchten auf diplomatisches Terrain: Grundsätzlich fände man es gut, dass das Thema Afrikanische Kunst hierzulande aufgegriffen wird, die Nok-Terrakotten seien in Ordnung, wenn auch überrestauriert.

Der Großteil sei, so Fachleute, aber Schrott und habe eine fatale Optik für den Markt. In Österreich ist dieser quasi jungfräulich, im Mai ging die erste Tribal-Art-Auktion erfolgreich über die Bühne, kommenden Montag (26. September) folgt die nächste.

Auch Gironcoli irrte

Insgesamt sei das eine Sparte, bei der es immer etwas zu lernen gebe, gesteht Experte Erwin Melchardt ein, und zwar von Kollegen oder spezialisierten Sammlern. Ein solcher informierte ihn etwa vor kurzem, dass eine weibliche Ahnenfigur (Sammlung Leopold) aus der legendären Sammlung Jacob Epsteins stammt, eine Provenienz, die sich die Fachwelt ein Vielfaches der angesetzten Taxe (7000-10.000) kosten lassen wird.

Hingegen musste eine Punu-Maske aus dem Nachlass Bruno Gironcolis, mittlerweile als frühe, wenn auch gute Fälschung entlarvt, zurückgezogen werden. Zur Stepic Collection "kann und will ich mich nicht äußern", erklärt auch Melchardt. Kein Wunder, sein Arbeitgeber ist Sponsorpartner der Ausstellung, weil es laut Dorotheum thematisch gut zur hauseigenen Sparte passe.

Und inhaltlich? Nun, in Wien liegt das Augenmerk auf Qualität aus authentischem Zusammenhang mit echter Gebrauchspatina. In den Bundesländern serviert man allerdings seit Jahren jene Deko-Ware, die es dank eines manischen Sammlers und mit finanzieller Unterstützung des Auktionshauses nun auch in ein Museum schaffte. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 24./25. September 2011)