Die SeniorInnen-Gruppe "Golden Girls" trifft sich jeden Mittwoch im Rahmen der Parkbetreuung im Bacherpark in Wien-Margareten

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Im Bacherpark werden, anders als in den anderen Wiener Parks, gleich drei Zielgruppen betreut: Kinder, Jugendliche, SeniorInnen

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Parkbetreuerin Ilona Schachhuber mit Frau Branka, die seit über sieben Jahren fast keines der Treffen der "Golden Girls" verpasst hat

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Das "Ei" wurde generationenübergreifend gestaltet. Es dient der Parkbetreuung als Materialraum

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Wie zweigeteilt wirkt der Bacherpark: Auf der rechten Seite spielen Kinder und Jugendliche ...

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... auf der linken Seite geht es bei den älteren Damen und Herren eher gemächlich zu

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Ist die Sonne also doch noch heraus gekommen. Keiner hatte es Ilona geglaubt, aber jetzt sitzen Alfred, Maria, Helmut, Gertrude, Elfriede und Branka doch an zwei Tischen im Bacherpark in Wien-Margareten und warten auf Kaffee und Geburtstagskuchen. Die SeniorInnen treffen sich immer mittwochs im Rahmen der Parkbetreuung. Dieses Angebot für alle Altersgruppen startete die Stadt Wien 1993 in 16 Bezirken, mittlerweile wurde die Betreuung auf alle Bezirk erweitert.

SeniorInnen schwierige Zielgruppe

Die SeniorInnenbetreuung in Margareten sei allerdings ein spezielles Angebot, erklärt Parkbetreuerin Ilona Schachhuber. Denn überall sonst stehe die freizeitpädagogische Betreuung von Kindern und Jugendlichen im öffentlichen Raum im Mittelpunkt. Im Bacherpark existiert bereits seit 1995 die Gruppe "Golden Girls", der inzwischen auch zwei "Boys" angehören und die über die Jahre zusammengewachsen ist. Die SeniorInnen sprechen über die Familie, Alltägliches, Handarbeiten, das Wetter - als wär das nichts Besonderes, will man meinen. 

Dabei seien die älteren Menschen die schwierigste Zielgruppe gewesen, die man zu gemeinsamen Aktivitäten bewegen wollte, erzählt Schachhuber und erklärt warum: Erwische man bei Kindern und Jugendlichen einen oder zwei, habe man gleich alle. Die SeniorInnen hingegen seien oft Einzelgänger, die man erst aus ihrem einsamen Bankerlsitzen heraus holen müsse. Das sei auch im Bacherpark so gewesen: "Da waren viele Einzelgespräche nötig", schildert Schachhuber: "Die Leute haben viel erzählt, ziemlich viel geschimpft, viel Frust abgelassen. Das hat eben ein paar Jahre gedauert, bis sie sich wirklich alle an einen Tisch setzten."

Angebot statt Strafe

Der Bacherpark wirkt wie durch eine magische Linie zweigeteilt. Auf der einen Seite spielen und kreischen Kinder und Jugendliche, auf der anderen sitzen die älteren Menschen zusammen, eine Gruppe Männer spielt Boccia. Keiner scheint sich am anderen zu stören. Doch so harmonisch war es nicht immer.

Konflikte gab und gibt es immer noch zwischen Generationen und Kulturen, das könne man eigentlich so auf einen Punkt bringen, sagt Ilona Schachhuber. Damit meint sie aber auch Hundebesitzer und Nicht-Hundebesitzer oder solche, die viel Müll zurücklassen, und jene, die das stört. Wegen der anwachsenden Probleme wurden Anfang der Neunziger Parkwächter gefordert, die mit einem Hund ihre Runden ziehen und abends für Ruhe sorgen sollten. Dagegen begehrten jedoch einzelne Gruppen auf und forderten, eher neue Angebote zu setzen anstatt zu bestrafen. Die Parkbetreuung wurde projektweise gestartet.

Umfassendes Angebot

Heute gibt es im Bacherpark für jede Zielgruppe ein spezifisches Angebot und eigene BetreuerInnen. Aber man versuche immer wieder etwas mit allen Generationen, also Kinder, Jugendliche und SeniorInnen gemeinsam zu machen. Beispielsweise das Projekt "Ei", wie der Materialraum liebevoll genannt wird. Dieser Holzcontainer wurde von den Kindern mit Meermotiven gestaltet, die Schablonen dazu bastelten die SeniorInnen.

Generell versuchen die insgesamt 16 ParkbetreuerInnen in Margareten, möglichst viele verschiedene Schwerpunkte bei den Aktivitäten zu setzen. Die Jugendlichen begeistere man am besten mit Sport, erklärt Ilona Schachhuber, und darüber komme man mit ihnen ins Gespräch. Kinder seien sowieso "total dankbar und glücklich", sobald etwas für sie angeboten werde. Daher gibt es im Park nicht nur sportliche, sondern auch kreative Tätigkeiten. Die Parkbetreuung setzt sich zusätzlich sehr stark im Bereich soziales Lernen ein: um Konflikte zu mindern und den Kindern zu vermitteln, dass man Konflikte anders bewältigen kann, als sie es möglicherweise gewohnt sind.

Viele MitarbeiterInnen seien schon "sehr, sehr lange dabei", sagt Schachhuber. Man kenne die Kinder und deren Defizite, sodass sie hier speziell gefördert werden könnten, zum Beispiel Sprachdefizite durch ganz konkrete Spiele zu minimieren.

Kontinuität wichtig

Das Angebot der Parkbetreuung werde laut Schachhuber seit Jahren sehr gut angenommen. Besonders weil sich die BetreuerInnen als Gäste verstehen, die mit den Systemen im Park sehr sensibel umgehen und niemandem ihr Angebot aufoktroyieren wollen. So gebe es immer wieder Menschen, die sich ab und zu dazu gesellen, auch einmal Beeren vorbei bringen, aber nicht so richtig dazugehören wollen.

Ilona Schachhuber hat in den vergangenen Jahren einen bessereren Umgang der Menschen miteinander feststellen können. Aktuell laufe es friedlich in den Parks, wahrscheinlich könnte die Parkbetreuung ein, zwei Jahre pausieren, aber dann gäbe es wohl wieder Konflikte. 

"Wir merken schon einen Unterschied, wenn Anfang Oktober die Betreuungssaison vorbei ist und wir Ende April wiederkommen: In den paar Monaten werden viele Regeln ein bisschen vergessen. Etwa wie man miteinander redet, der höfliche Umgangston, die Wertschätzung", erzählt Schachhuber. "Da ist es wichtig, dass wir kontinuierlich vermitteln und versuchen, bei allen Gruppen Verständnis für die anderen herzustellen."

Gruppenerlebnis weiterhin fördern

Das Konzept scheint aufzugehen. Die "Golden Girls" stört das Kindergeschrei überhaupt nicht. Sie freuen sich über die Abwechslung, die ihnen die Parkbetreuung bietet: über die Gespräche, die Spiele und dass man auch im hohen Alter noch etwas Neues lernen kann. Ein kleiner Bub kommt von der anderen Seite des Parks herüber, erkundigt sich, was heute bei den SeniorInnen so passiert und lässt sich widerstandslos von den Damen verhätscheln.

"Das Gruppenerlebnis gehört weiterhin gefördert", ist sich Parkbetreuerin Ilona Schachhuber sicher. "Weil das Vereinsamen sicher nicht die Zukunft sein kann und man merkt, dass der Bedarf, etwas gemeinsam zu tun, größer ist, als dass jemand etwas alleine machen will. Der Spaß am gemeinsamen Tun hier im Park ist einfach grenzenlos groß." (Sandra Eigner, derStandard.at, 26.9.2011)