Es zahlt sich für verantwortliche Regierungspolitiker nicht aus, mit Populisten und Extremisten in Politik und Medien beim Schlagwortdreschen um die Wette zu eifern. Sachpolitisch ist mit starken Worten allein wenig zu erreichen. Aber wenn es um den Versuch geht, sich mit "geilen Sagern" die johlende Zustimmung von den Stammtischen zu holen, dann sind die hemmungslosen Vereinfacher, die alles fordern, aber nichts entscheiden müssen, stets eine Nasenlänge voraus.

Diese bittere Erfahrung musste Innenministerin Johanna Mikl-Leitner beim jüngsten EU-Ratstreffen in Brüssel machen. Dort standen unter anderem die ersten Vorschläge der EU-Kommission zur Debatte, wie man das Vorgehen der Staaten an den Grenzen besser koordiniert. Das ist oft widersprüchlich, zum Teil rein national-innenpolitisch motiviert. Darüber kann man in Ruhe nachdenken und reden. Aber Mikl-Leitner hatte es vorgezogen, zunächst in Wien reflexartig (und mit der Angst vor Heinz-Christian Strache im Nacken) der Kommission Größenwahn von - wörtlich - Schreibtischtätern hinzuschleudern.

In Brüssel nahm sie das gestern mit Bedauern zurück. Das ehrt sie. Aber sie musste auch, weil sie die EU-Partner braucht, damit diese Österreich helfen, wachsenden Druck illegaler Migranten via Serbien zu lindern. So ist das im gemeinsamen Europa. Allein geht es immer schwerer. Das müssen Minister den Bürgern klar auseinandersetzen. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2011)