Bozen - Unter dem Titel "Ortler Eiskernbohrung" errichtet ein internationales Team aus Wissenschaftern auf Südtirols höchstem Berg derzeit ein Lager auf knapp 4.000 Metern, um den Klimawandel zu erforschen. "Das Eis des Ortlers enthält wichtige historische Informationen zum Beispiel über Temperatur und Niederschlag, weshalb dieses wissenschaftliche Projekt für uns von größter Bedeutung ist", erklärte Lonnie Thompson, Leiterin des Byrd Polar Research Centers der Universität Ohio in den USA.

Dem Gletscher werden ein Meter lange Bohrkerne mit einem Durchmesser von zehn Zentimeter entnommen. Die Proben werden im Anschluss in isolierten Behältern aufbewahrt. "Diese Muster werden dann in den Labors des Byrd Polar Research Centers und der Universitäten von Venedig und Innsbruck analysiert, um die Umwelteigenschaften in der Vergangenheit wie die Temperaturen, die Niederschläge und die atmosphärische Chemie zu studieren", erläuterte Projektkoordinator Paolo Gabrielli von der Universität Ohio. Dadurch könnten Rückschlüsse auf die Vergangenheit des Klimas gezogen, aber auch Prognosen für die Zukunft erstellt werden.

Domzelt mit Sonnenkollektoren

Das Lager auf 3.850 Meter Seehöhe soll rund einen Monat lang auf dem Oberen Ortler-Ferner errichtet werden. Das Herzstück wird das Domzelt für die Unterbringung des Bohrgeräts bilden. Es soll mit Sonnenkollektoren und nur im Ersatzweg mit Stromgeneratoren gespeist werden. Die aus der circa 70 Meter dicken Gletscherschicht entnommenen Eisproben sollen die Grundlage für die Forschungen zur Geschichte des Klimas in Südtirol sowie zu den Auswirkungen des Klimawandels dienen.

Koordiniert wird das Projekt mit amerikanischen, italienischen und österreichischen Wissenschaftern von der Universität Ohio und dem Hydrographischen Landesamt Südtirol. Neben den Landesabteilungen für Wasserschutzbauten, für Brand- und Zivilschutz, der Forstverwaltung und des Landesamts für Geologie und Baustoffprüfung ist auch die Europäische Akademie Bozen (Eurac) eingebunden. Im Zuge der Analysen soll eine Wetterstation installiert, der Einfluss der Klimaveränderung auf den Permafrost erforscht, die Erhebung der Veränderung der Gletscherausdehnung sowie die Frühdiagnose von Höhenkrankheiten untersucht werden. (APA)