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Foto: APA/Gindl

Raiding - Jeden Herbst lädt Helmut Bieler, Burgenlands Kultur-Landesrat, die Kulturveranstalter des Landes zum gemeinsamen Bilanzziehen über die kulturellen Highlights des abgelaufenen Sommers.

Diesmal traf man einander am Montagabend im mittelburgenländischen Raiding, immerhin ist das der Geburtsort des pannonischen Jahresregenten Franz Liszt, dem sie gleich neben sein Geburtshaus einen Konzertsaal hingebaut haben, der ausschauen mag wie ein Turnsaal, aber akustisch - hört man - alle Stückerl spielt. Und das ist jetzt nur eine kulturelle Attraktion des Landes.

Bevor Helmut Bieler nach Raiding aufbrach, schrieb er noch einen Brief, den er im Lisztzentrum dann allen vorlas. Denn es war ein sogenannter "offener Brief" , und zwar an Mr. William C. Eacho, der - wie kürzlich Österreich via Wikileaks erfuhr - im Herbst 2009 einen geheimen Kundschafterbericht an seine Chefin, Hillary Clinton, sandte. In dem stand allerlei Unbekanntes über den exotischen austriakischen Ostrand. Zum Beispiel das:"Burgenland is Austria's smallest province, as well as the poorest and flattest." Und das: "Though it produces the country's best wine, it lacks ski slopes or major cultural attractions."

Letztere Beobachtung reizte Bieler klarerweise zum Einspruch. Sein offener Brief beginnt deshalb so:"Mit großer Verwunderung habe ich ..." , um dann all das aufzuzählen, was das Burgenland sehr wohl an "major cultural attractions" aufweisen würde und Sommer für Sommer immerhin rund 700.000 Besucher locke.

"Besonders verwunderlich" fand Helmut Bieler "die Tatsache, dass Ihr Bericht im internationalen Haydn-Jahr 2009 ... verfasst wurde." Und nicht nur diesbezüglich verwies er den Botschafter und seine emsigen Geheimagenten an die "verschiedenen Haydn und Liszt Societies in den USA" .

"Ich habe versucht", erklärte Bieler dem Standard, "einen sarkastischen Ton eher zu vermeiden." Ganz ist das nicht gelungen. Mit spürbarem Wohlgefallen verweist er Recherche-bezüglich auf die Provinzpresse an der amerikanischen Ostküste:"The New York Times listete in ihren Reiseempfehlungen ,The 44 Places to Go in 2009‘ vom 11. Januar 2009 Wien und Eisenstadt aufgrund des Haydn-Jahres auf Platz 8."

Um weitere einschlägige Missverständnisse künftig hintanzuhalten, lädt Bieler Eacho deshalb am 19. Oktober nach Raiding zum Konzert des russischen Pianisten Boris Bloch, der den Herbstblock des Listz-Festivals eröffnen wird. Ob ein oder vor, das sei, so Bieler, "Interpretationssache". (Wolfgang Weisgram/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2011)