Brendan Gleeson (li.) als irischer Cop in "The Guard" - selbst ein Mordopfer bringt ihn nicht aus der Fassung.

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  In der Hauptrolle brilliert Brendan Gleeson als Polizist ohne Eile, der mit Don Cheadle einen ebenbürtigen Partner aus Übersee erhält.

Wien - An der irischen Westküste spielt man nach eigenen Regeln. Schon mit jenen in Dublin sind sie nicht mehr vergleichbar. Und wenn nun einer aus London kommt oder gar aus Übersee und USA, dann wird ihm erst einmal vorgeführt, wie sehr sein Weltwissen hier gar nichts gilt.

Die Behauptung von Einzigartigkeit und das Bedürfnis nach Abgrenzung steigen offenbar proportional zur Abnahme der relativen Bedeutung. Das nennt man dann Provinz. Auf pfeilgeraden Straßen krachen dort Fahrzeuge mit zugedröhnten Jugendlichen und hoher Geschwindigkeit in die immer gleiche, tödliche Befestigungsmauer. Und gleich in der ersten Szene des Films The Guard sieht man deutlich, dass der schon etwas in die Jahre gekommene Küstenwächter, der hier seinen Dienst versieht, angesichts solch lähmender Routine mit seinen Kräften hauszuhalten weiß.

Sergeant Gerry Boyle (Brendan Gleeson) ist ein gelassener, gestandener Mann. Anders lautende Erfahrungen bei der Arbeit haben ihm inzwischen so manche Dienstvorschrift ersetzt. Übertriebene Eile und Ehrgeiz schaden nur. Den Rookie, den man ihm zuteilt, kann er mit so viel Freigeist noch schockieren. Erst in einem anderen Außenseiter, dem zur Drogenfahndung nach Irland abkommandierten FBI-Agenten Wendell Everett (Don Cheadle), findet Boyle einen ebenbürtigen Sparringspartner. Aber auch der braucht eine Weile, um herauszufinden, ob Boyle Rassist oder Rebell, "motherfucking dumb" oder "motherfucking smart" ist.

Schon mit der ersten Szene an der Küstenstraße hat das Debüt von John Michael McDonagh recht deutlich den Grundton gesetzt: The Guard ist weniger ein Krimi als eine gallige Gesellschaftskomödie mit viel Lokalkolorit. Das hat manchen Nachteil: altkluge, bleiche irische Kinder und Drogenkuriere, die Nietzsche zitieren, Nutten mit dem Herz am rechten Fleck und etliche Käuze bevölkern die Szene.

Andererseits hat man mit Brendan Gleeson aber auch einen Schauspieler engagiert, der das richtige Format hat, um aus einem Typus eine unverwechselbare Figur zu machen, einen Satz wie "einen heißen Whiskey und einen kalten, während ich darauf warte" kann er am Tresen ganz selbstverständlich sagen. Die übrige Besetzung - Don Cheadle, Liam Cunningham, Fionnula Flanagan u. a. - darf am Ende des Films ebenfalls zu Recht noch einmal vor den Vorhang. In Irland hat sich The Guard zum bis dato kommerziell erfolgreichsten unabhängigen irischen Film aller Zeiten entwickelt, bei einem Budget von rund vier Millionen Euro hat man weltweit nahezu acht Millionen eingespielt. (Isabella Reicher, DER STANDARD - Printausgabe, 21. September 2011)