Brüssel - Rumänien und Bulgarien müssen weiter um einen Beitritt zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum bangen. Wie EU-Diplomaten erklärten, haben Frankreich, Deutschland und die Niederlande bisher einem polnischen Kompromiss für eine schrittweise Öffnung der Luft- und Landgrenzen bis Mitte 2011 nicht zugestimmt. Am Donnerstag sollen die EU-Innenminister eine Entscheidung über den Fahrplan treffen.

Die Niederlande haben vergangene Woche offen ein Veto gegen die Aufnahme der beiden Länder angedroht, weil sie unzufrieden mit der Korruptionsbekämpfung in beiden Ländern sind. Im Gegenzug stoppte Rumänien am Wochenende die Einfuhr niederländischer Tulpen und Zwiebeln. Bukarest und Sofia erfüllen die technischen Voraussetzungen für einen Schengen-Beitritt, stehen aber wegen Korruptionsproblemen auch im fünften Jahr seit dem EU-Beitritt unter Beobachtung Brüssels.

Nach dem Kompromiss der polnischen EU-Ratspräsidentschaft sollten die See- und Luftgrenzen zum 1. Oktober geöffnet werden, die Landgrenzen aber erst im Juli 2012. Wegen der strikten Flugpläne wurden bei Schengen-Beitritten bisher immer die Luftgrenzen zuerst geöffnet. Österreich habe keine Probleme mit einem Beitritt Rumäniens und Bulgariens, hieß es in Ratskreisen. Finnland könnte sich nach Angaben von Diplomaten auf die Seite der Niederlande und Frankreichs stellen. Am morgigen Mittwoch beraten die EU-Botschafter noch einmal über den Kompromiss.

Polnische Präsidentschaft hofft auf Lösung

Die polnische EU-Präsidentschaft hofft, in Gesprächen mit den kritischen Ländern zu einer Lösung zu kommen, sodass eine Blockade vermieden werde. Jedenfalls handle es sich um eine sehr heikle Angelegenheit, wurde in Ratskreisen erklärt. Bis dato habe kein Land verlangt, das Thema von der Tagesordnung der EU-Innenminister zu nehmen.

Die Innenminister beraten auch über den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission zur Schengen-Reform. Die EU-Kommission will den Staaten nur mehr für fünf Tage befristet die Möglichkeit einräumen, selbst in Terror- und Katastrophenfällen die Grenzkontrollen wieder einzuführen. In allen anderen Fällen müsste die Entscheidung auf europäischer Ebene von der Kommission und einem Expertenausschuss getroffen werden. Gegen die Pläne laufen mehrere Innenminister Sturm, darunter auch die österreichische Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (V).

Österreich und Ungarn setzten im Gefolge der jüngsten Schlepper-Fälle in einem eigenen Antrag den Punkt illegale Migration und Menschenhandel auf die Tagesordnung. Dass Griechenland wegen seiner Probleme bei der Sicherung der Grenzen aufgefordert werde, mehr zu tun, wurde in Ratskreisen dementiert. Athen sei bemüht, Grenzlöcher zu schließen. Die Sicherung der Grenzen auch im Hinblick auf die zahlreichen Inseln sei aber ein länger dauernder Prozess.

Am Freitag will Litauen im Rahmen der EU-Innenminister über den Europäischen Haftbefehl reden. Dabei werde Litauen auch den Fall Golowatow erneut zur Sprache bringen, der zu einem diplomatischem Konflikt mit Wien geführt hatte. Dazu soll ein informelles Gespräch der Minister stattfinden. Im Fall Golowatow geht es um die Festnahme und die rasche Freilassung des von Litauen als Kriegsverbrecher gesuchten Michail Golowatow (Mikhail Golovatov) durch österreichische Behörden. Litauen wirft Österreich mangelnde Solidarität und übereilte Vorgangsweise unter dem Druck der russischen Regierung vor. (APA)