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Proteste gegen Uribe bei einer Rede des Expräsidenten in Asuncion

Foto: AP/Saenz

Bogotá/Puebla - Vor einem Jahr schied Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe aus dem Amt, die Justiz ist derzeit voll damit beschäftigt, das ganze Ausmaß der Zusammenarbeit seiner Regierung mit den Todesschwadronen zu erfassen: Vergangene Woche wurde der bisher ranghöchste Funktionär vom Obersten Gerichtshof in Bogotá verurteilt. Uribes ehemaliger Geheimdienstchef Jorge Noguero erhielt 25 Jahre Haft wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Außerdem wurde ihm die Verantwortung für den Mord an dem linken Soziologen Alfredo Rafael Correa de Andreis angelastet. Der Professor war 2004 von Todesschwadronen in Barranquilla ermordet worden.

Noguera muss den Hinterbliebenen knapp 86.000 Dollar Entschädigung zahlen. Auch der Tod zahlreicher linker Gewerkschafter ist nach Auffassung der Richter auf Informationen zurückzuführen, die Noguera den Todesschwadronen zukommen ließ.

Noguera unterhielt dem Urteil zufolge engste Beziehungen zum Nordblock der Paramilitärs, machte mit ihnen Geschäfte und belieferte sie regelmäßig mit Insiderinformationen, die von den ultrarechten Killergruppen dazu benutzt wurden, vermeintliche oder wirkliche Sympathisanten und Kollaborateure der linken Guerilla umzubringen.

Uribe hatte Noguera, mit dem er schon in seiner ersten Wahlkampagne zusammengearbeitet hatte, stets als "guten Jungen" verteidigt. Nach Bekanntwerden des Urteils allerdings bat er um Entschuldigung. "Ich habe ihn wegen seines Lebenslaufs und seiner Familie mit dem Amt betraut. Ich habe ihm vertraut, sollte er straffällig geworden sein, entschuldige ich mich dafür" , twitterte der ehemalige Staatschef.

Gegen weitere enge Vertraute Uribes laufen derzeit Verfahren, darunter Nogueras Nachfolgerin María del Pilar Hurtado, die sich nach Panama abgesetzt hat, und Uribes ehemaligen Privatsekretär Bernardo Moreno. Auch gegen mehr als 70 Abgeordnete wird ermittelt. Rund 30 sind im Gefängnis, ein Dutzend wurde bereits verurteilt, darunter Uribes Vetter, Exsenatspräsident Mario Uribe.

Spionage gegen Journalisten

Der noch immer funktionierende Geheimdienst DAS war auch in einen Spionageskandal verwickelt. Zum Abhören und Einschüchtern kritischer Journalisten, Richter und Bürgerrechtler wurde in Uribes zweiter Amtszeit ein eigenes Büro im DAS eingerichtet. Die Tentakel reichten bis nach Europa, wo der DAS Spitzel anwarb und europäische Geheimdienste um Mithilfe bei der Beobachtung von Menschenrechtsorganisationen bat.

Opfer der Verfolgung war auch der kritische kolumbianische Journalist Hollmann Morris. Noguera leitete den Geheimdienst von 2002 bis 2005, ging anschließend als Konsul nach Mailand und wurde 2007 festgenommen. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2011)