Linz/Wien - Vom Verbotsgesetz hat die Frau mittleren Alters, die auf Facebook mehr als 4000 Freunde hat, offenbar noch nichts gehört. Da sie angibt, in Athen zu wohnen, betrifft es sie auch nicht. Auf ihrer Seite zeigt sie stolz Fotos von diversen Waffen, Nazi-Uniformen oder einem Exemplar von Hitlers "Mein Kampf". In Einträgen und Bildern huldigt sie Hitlers Waffen-SS oder der NS-Jugendorganisation Bund Deutscher Mädchen.

Wem das nicht einschlägig genug ist, der kann auch einfach in ihrem Profil unter "Politische Einstellung" nachsehen: "NS" oder "Ein, Volk, ein Reich, ein Führer!" steht da zu lesen. Einige ihrer Freunde sollten das NS-Verbotsgesetz aber eigentlich kennen, sitzen sie doch im österreichischen Parlament und beschließen selbst Gesetze. Wie das "Basisdemokratische Web Kollektiv" (Bawekoll) und die Seite stopptdierechten.at berichten und mit Screenshots belegen, sind Nationalratsabgeordnete wie Susanne Winter, Barbara Rosenkranz (beide FPÖ) und Werner Königshofer Facebook-Freunde der Frau. Und das schon lange bevor diverse Verbindungen von FPÖ-Mandataren zur rechtsradikalen Szene öffentlich bekannt wurden.

Anzeige gegen BVT-Chef

Werner Königshofer kostete sein Freundeszirkel und radikale eigene Postings die FPÖ-Mitgliedschaft. Er ist nun wilder Abgeordneter. Schon im Frühling soll er in die Falle des Linzer Datenforensikers und Polizisten Uwe Sailer getappt sein. Mit einer kodierten E-mail soll man ihm Kontakte zur Neonazi-Homepage Alpen-Donau.info nachgewiesen haben. Das sah auch das Handelsgericht Wien in einem Urteil so. Königshofers Immunität wurde nun - der Standard berichtete - auch wegen dieses Falls aufgehoben.

Doch es gibt noch ein anderes Nachspiel: Sailers Anwalt, Georg Zanger, hat gegen Verfassungsschutz-Chef Peter Gridling eine disziplinarrechtliche Anzeige eingebracht. Zanger wirft Gridling vor, Königshofer bewusst vorschnell aus der Schusslinie gebracht zu haben.

Konkret sagte Gridling bei einer Pressekonferenz im August, als gegen Königshofer wegen dessen Immunität noch gar nicht ermittelt werden konnte: "Es konnte nicht belegt werden, dass Königshofer selbst Inhalte auf die Neonazi-Seite gestellt hat." Für Zanger ist das eine "Verharmlosung rechtsextremer Straftaten". (Colette M. Schmidt, STANDARD-Printausgabe, 20.9.2011)