Hallein - Der aus Japan stammende österreichische Choreograf Michikazu Matsune hat Beamte der Passkontrolle in aller Welt bei ihrer Arbeit gefilmt. Und der austro-bulgarische Künstler Kamen Stoyanov bereitet eine kalte, Tzatziki-ähnliche Gurkensuppe als Erfolgsrezept mit einem Joghurt zu, das "Cultura" heißt.

Um die Verbundenheit von "lokalen" und "globalen" Gesten geht es in der choreografischen Installation 1000m weiter ... das Ende der Welt, die im Rahmen des Werkfestivals Schmiede 11 auf der Halleiner Pernerinsel zu erleben ist. Präsentiert werden Arbeiten von österreichischen Künstlern unter anderem aus Bulgarien, Chile, Japan, Russland, Salzburg und der Türkei in bester Location: dem Generatorenraum einer ehemaligen Salztrocknungsanlage.

Die Verbindung zwischen der Symbolik dieses Raums - lokaler Energieverbrauch und internationaler Handel - und der "glokalen" Thematik der Kuratierung von Nicole Haitzinger und Lisa Hinterreithner in der historischen Alten Saline ist ideal: Die Kunstwerke sind nicht wie üblich in einem künstlich neutralen oder krampfhaft originellen Raum ausgestellt, sondern in eine Umgebung integriert, die ihren Inhalt unterstützt.

Formal unterscheiden sich diese Arbeiten deutlich voneinander. Die Wienerin Amanda Piña lädt in ihrer Installation with migration background zum Karaoke vor dem Hintergrund eines verschwommenen Videos ein, auf dem Zugvögelschwärme zu sehen sind. Claudia Heu aus Salzburg zeigt in zwei parallel laufenden Diafolgen zwei Türsteher. Der eine ist "Indianer" und arbeitet in einem New Yorker Apartmenthaus. Der andere wohnt im Wiener Macondo und arbeitet im Museumsquartier.

Ohne Schubladen denken

Der nach seinem Studium in Istanbul und Salzburg zum Neo-Berliner gewordene Hüseyin Evirgen hat ein Fauteuil zwischen zwei große Lautsprecher gestellt, deren halluzinative Sounds einen Catalogue of auditory gestures by the Dropa tribe darstellen. Und Oleg Soulimenko aus Wien hat ein Podest gebaut, an dessen vier Seiten kleine LCD-Bildschirme Entspannungsübungen und deren Nachahmung zeigen.

Es bleibt der Choreografin Fanni Futterknecht überlassen, in diesen Zusammenhängen auf das lokale Ich innerhalb der europäischen Identität hinzuweisen. In ihrem attempt to blur away als existential gesture dokumentiert sie ironisch in Wort (auf einem alten Discman!) und Privatfoto die Entwicklung ihres kurzen bisherigen Lebens: von einer klaren kindlichen Existenz zu einer verschwommenen Erwachsenen.

Auch in diesen künstlerischen Statements wird klar, warum es so wichtig ist, dass Menschen von "draußen", die anders sind als "wir", nach Österreich kommen. Weil sie dazu beitragen, dass die von der indischen Schriftstellerin und Essayistin Arundhati Roy kürzlich in der Wochenzeitung Die Zeit festgestellte Unfähigkeit des Westens, in Zusammenhängen zu denken, durch ein besseres Denken ersetzt wird.

Auch für Roy ist "das Ende der Welt" nah: Das "westliche Imperium" werde an seinem aus Ausbeutung und Zerstörung aufgebauten Lebensstil zugrunde gehen. In der vom sehr lokalen Salzburger Tanzbüro ermöglichten, welthaltigen performativen Schau wird zu einem Denken jenseits von voreinander verschlossenen Disziplinen, "Ressorts" (Roy) und Schubladen eingeladen. Vielleicht ist es doch noch erlernbar.  (Helmut Ploebst / DER STANDARD, Printausgabe, 19.9.2011)