Bild nicht mehr verfügbar.

Finanzministerin Maria Fekter sorgt mit ihrem NS-Vergleich für Aufregung

Foto: APA/Pfarrhofer

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hat auf die jüngsten umstrittenen Aussagen des polnischen Finanzministers und EU-Ratsvorsitzenden Jacek Rostowski mit einer ebenso ungewöhnlichen Antwort reagiert.

Angesprochen auf Rostowski, der gemeint hatte, wenn Europa so weitermache, könne es zum Krieg kommen, sagte Fekter: "Auch ich habe mir schon große Sorgen im Hinblick auf die verstärkten Nationalismen, die wir haben, gemacht. Außerdem bauen wir gerade enorme Feindbilder in Europa gegen die Banken, die Reichen und die Vermögenden auf. So etwas hatten wir schon einmal, damals verbrämt gegen die Juden, aber damals waren ähnliche Gruppierungen gemeint. Es hat das zweimal in einem Krieg geendet." Jedenfalls "müssen wir uns wirklich alle anstrengen, damit so ein Szenario mit Sicherheit nicht kommt".

Fekter: Lehne Feindbilder ab

Am Samstag betonte die Finanzministerin dann per Aussendung, sie lehne "Feindbilder gegen einzelne Bevölkerungsgruppen - sowohl von rechts, als auch von links" - mit "jeder Faser" ihres Herzens ab, denn sie gefährdeten "den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Frieden". Ein derartiges Aufbauen von Feindbildern habe die Geschichte bereits mehrmals erlebt. Gerade im Beginn antisemitischer Strömungen im 19. Jahrhundert sei der Zeitpunkt zu erkennen, um "vor dem gefährlichen Anfang des gezielten Aufbaus von Feindbildern" zu mahnen.

In einer zweiten Aussendung am Samstagnachmittag betonte sie, dass die Zeit des Nationalsozialismus mit ihren Gräueltaten "und insbesondere dem Holocaust mit nichts anderem vergleichbar ist. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, weist die Finanzministerin mit Nachdruck daraufhin, dass sie niemals einen Vergleich mit dieser Zeit angestellt hat und dies auch nie zu tun beabsichtigte", hieß es in der Aussendung.

"Antisemitische Stereotype"

Caritas-Direktor Michael Landau Landau bezeichnete Fekters Aussage als "schockierend und völlig inakzeptabel". Der Vergleich der Bankenkritik mit der Judenverfolgung sei "auf das schärfste zurückzuweisen". Für den Wiener Caritas-Direktor hat die Finanzministerin damit "auf übelste Weise antisemitische Stereotype bedient". Für die Kirche sei klar, dass Christentum und Antisemitismus völlig unvereinbar seien.

Landau fordert nun eine Klarstellung durch die Bundesregierung, dass sie mit diesen Aussagen in keiner Weise konform gehe. Er sieht in Fekters Entgleisung ein Zeichen für die "Planlosigkeit und Nervosität der Bundesregierung" nach den diversen Korruptionsvorwürfen. Der Caritas-Direktor fordert die Bundesregierung auf, zur Sacharbeit zurückzukehren und nicht durch "verbale Eskalation" von den Affären abzulenken.

"Besondere Sorgfalt in der Wahl der Worte"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mahnte am Samstag in einer Aussendung "besondere Sorgfalt in der Wahl der Worte" ein. Österreich habe aufgrund der Erinnerung an die Gräueltaten des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden historischen Belastung eine besondere Verantwortung, mit Äußerungen zu dieser Zeit angemessen umzugehen. "Vor allem Regierungsmitglieder sind, aufgrund ihrer Vorbildfunktion, gefordert, sich hier sensibel zu verhalten. Das ist in der Wahl der Worte immer zu berücksichtigen, auch in der Hitze politischer Emotionen muss diese Wortwahl entsprechend gemäßigt sein", forderte der Bundeskanzler.

Grüne fordern Entschuldigung

"Total entsetzt" über die Aussagen Fekters zeigte sich Grünen-Chein Eva Glawischnig. Wenn Fekter ernsthaft der Meinung sei, dass ein Eintreten für eine sozial gerechte Besteuerung der Reichen gleichzusetzen ist mit der Judenverfolgung, "dann ist sie sicher nicht mehr geeignet, ihr Amt als Finanzministerin auszuüben. Das Mindeste ist eine sofortige Klarstellung und Entschuldigung bei den Opfern des Nationalsozialismus", forderte die Bundessprecherin der Grünen in einer Aussendung.

Sie warf Fekter vor, das klassische antisemitische Stereotyp vom "reichen Juden" zu verwenden und sich des antisemitischen Klischees vom reichen Weltjudentum zu bedienen. Tatsache sei, dass alle Juden wegen ihrer jüdischen Herkunft, egal ob arm oder reich von den Nazis verfolgt und vernichtet wurden. "Das zeugt entweder von einer historischen Unwissenheit, die einer Finanzministerin unwürdig ist, oder einer bewussten Instrumentalisierung des dunkelsten Kapitels der österreichischen Geschichte, um die Reichen vor gerechter Besteuerung zu schützen", meinte Glawischnig.

SOS Mitmensch verurteilt Aussagen

"Der von Fekter angestellte Vergleich kommt einer Herabwürdigung der Opfer nationalsozialistischer Hetze und Verfolgung und einer Verharmlosung von Antisemitismus gleich", kritisiert Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Die NGO ist der Ansicht, mit dem Vergleich schade Fekter nicht nur sich selber, sondern der österreichischen Politik als Ganzes:  "Eine Gleichsetzung der Diskussion über einen Solidarbeitrag für Reiche mit Antisemitismus hat in der Politik nichts verloren, und wenn dies die Finanzministerin nicht einsieht, dann hat sie in der Politik nichts verloren." In einer Aussendung am Sonntag forderte Pollak dezidiert Fekters Rücktritt.

SPÖ fordert Entschuldigung

Kritik an Fekter kam auch von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) sowie den beiden SPÖ-Bundesgeschäftsführern Laura Rudas und Günther Kräuter. Darabos hätte eine derartige Aussage "von einem Spitzenrepräsentanten einer christlich-sozialen Partei und einem Mitglied der österreichischen Bundesregierung nicht erwartet. Dieser Vergleich ist ein Hohn für die Überlebenden der Nazi-Gräuel und Angehörigen von Millionen von NS-Opfern", sagte der Verteidigungsminister. "Das hat nichts mehr mit markigen Sprüchen zu tun." Darabos forderte Fekter auf, ihre Wortwahl zu überdenken und diesen Vergleich zurückzunehmen.

Rudas rief die Finanzministerin auf, sich ihrer Verantwortung, ihrer Vorbildwirkung als Regierungsmitglied bewusst sein und sich für ihre Aussagen zu entschuldigen. Auch für ihren Kollegen Kräuter ist der Fekter-Vergleich "eine absolut inakzeptable Entgleisung, die umgehend zurückgenommen werden muss". Für Kräuter ist aber auch die in Medien getätigte Aussage von ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf, wonach eine Besteuerung von Vermögen Diebstahl gleichkomme, nicht akzeptabel. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer fordert daher ÖVP-Obmann Michael Spindelegger auf, "einzelne außer Rand und Band geratende Repräsentanten seiner Partei zur Vernunft zu rufen".

Der Präsident des Bundes sozialdemokratischer Akademiker (BSA), Andreas Mailath-Pokorny, forderte Fekter auf "Konsequenzen" zu ziehen, "das Mindeste wäre jedenfalls eine Distanzierung von ihren eigenen Aussagen." Auch BZÖ-Obmann Josef Bucher erwartet eine "Klarstellung und Entschuldigung" Fekters. (APA/red)