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Mit Lego Serious Play werden zum Beispiel Unternehmensszenarien gebaut und nachgespielt

Foto: AP/Sandy Huffaker

Gegen einen rund 15 Kilogramm schweren Koffer nimmt sich ein sperriges Flipchart kinderleicht aus. Jedes Mal, wenn Management-Berater Stefan Hagen zu einem "Lego Serious Play (LSP)"-Workshop aufbricht, hat er diesen großen Koffer dabei. Darin enthalten sind - wohlfeil geordnet - zig Lego-Bausteine. In jedem Fall eine Menge, die jedes Kind vor Neid erblassen lassen würde. Gedacht ist er aber für Erwachsene, die über die Anwendung dieses Tools wieder lernen, wie ernst spielen in Wahrheit ist.

Das Anwendungsgebiet spannt sich von Verbesserung der Kommunikation über Teambuilding bis hin zu Strategieentwicklung und -implementierung. Für Stefan Hagen ist diese Methode "ein guter Zusatz zum restlichen Beraterportfolio". Laut Wikipedia ist "Lego Serious Play ein moderierter Prozess, der die Vorzüge des Spiels und des Modellierens mit Legosteinen mit den ernsthaften Belangen der Geschäftswelt verbindet". Kurz gefasst werden z. B. vergangene oder zukünftige Unternehmensszenarien gebaut und nachgespielt, Umfelder oder mögliche Risiken dargestellt und Handlungs- und Entscheidungsstränge abgeleitet. Dann steht eine Gruppe von Führungskräften und spielt den "Ernst des Lebens" nach - so oder so ähnlich jedenfalls.

Selbst getestet, jetzt verbreitet

Mit der Entwicklung des Lego-Baukastens wurde bereits Mitte der 1990er-Jahre begonnen, er steht aber erst seit vergangenem Jahr für darin ausgebildete Trainer als "Arbeitsgerät" zur Verfügung. Die Idee für den intelligenten Bausatz entstand im Lego-Headquarter selbst und auf Anregung des Haupteigentümers Kirk Kristiansen.

Damals war man, so heißt es, auf der Suche nach einem effektiven Prozess zur Strategieentwicklung im und für das eigene Haus, unzufrieden mit den Wirkungsweisen konventioneller Methoden. Gemeinsam mit Professoren aus dem International Institute for Management Development (IMD) in Lausanne, die ebenfalls auf der Suche nach alternativen Methoden zur strategischen Planung waren, wurden - ganz kurz gefasst - die Grundsteine für das LSP gelegt. Die Methode selbst basiert auf den drei Forschungsgebieten der Sozialwissenschaft und der Erkenntnistheorie: Spiel (Motivation, u. a. Verlagerung der Aufmerksamkeit und Rollen wird eingefordert), Konstruktionismus (Möglichkeit, formale Ideen und Beziehungen sichtbarer machen) und Imagination (sich ein Bild von etwas machen, Dinge hinterfragen und der schöpferische, kreative Akt).

"Diese Methode", sagt Stefan Hagen, "ist keine ,rocket science', sondern sehr praktisch angelegt." Sie mache sich die "Hand-Gehirn-Verbindung" zunutze. Durch diese haptische Methode, so Hagen weiter, werden - die Hände sind mit 70 bis 80 Prozent der Gehirnzellen verbunden - Denkprozesse stärker angeregt, Kreativität wird gefördert, und vor allem werden "die individuellen kognitiven Erfahrungen für andere sichtbar gemacht", so der Berater weiter. Die Möglichkeit der Visualisierung von zu behandelnden Themen lasse die Kommunikation besser fließen, vertiefe das Verständnis füreinander, verkürze Entscheidungsprozesse, so der Berater. Praktische Erfahrungen, die von Carlos Cordon vom IMD Lausanne bestätigt werden. Cordon, der den offiziellen Titel des "Lego-Professors" für Supply-Chain-Management trägt, hebt die Vorzüge des Spiels in Sachen Teambuilding hervor. "Diese Methode verhilft zu einer schnelleren konsensualen Entscheidungsfindung", vor allem deshalb, so Cordon, weil jeder Teilnehmer in jedem Schritt involviert ist und somit auch mit den Ideen und Beweggründen der Kollegen unmittelbar konfrontiert wird. Häufig bewährt habe sich LSP im Zuge von Strategie-Implementierungen in Organisationen. "Denn noch wichtiger als eine gute Strategie ist eine gute Implementierung", so Cordon. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.9.2011)