João Ubaldo Ribeiro
Um Brasileiro em Berlim - Ein Brasilianer in Berlin (portugiesisch-deutsch)
TFM
2.Auflage 2011
ISBN: 9783939455042
Preis: € 14,80

 

Lesung
João Ubaldo Ribeiro liest aus "Ein Brasilianer in Berlin"
Freitag, 16.9.2011, 19:00
Hauptbücherei, Urban-Loritz-Platz 2a, 1070 Wien

 

Der Autor befindet sich auf Einladung des 9. Deutschen Lusitanistentages in Wien, in dessen Rahmen bis Samstag zahlreiche Veranstaltungen auf der Uni Wien stattfinden.

 


Foto: Verlag TFM

Interview
"Lateinamerika ist eine sinnentleerte Kategorie"
Der brasilianische Schriftsteller und Camões-Preisträger João Ubaldo Ribeiro über das falsche Lateinamerikabild in Europa

Foto: Michael Vosatka

Wenn ein Brasilianer nach Europa kommt, dann bedeutet das einen Zusammenprall von Kulturen, die unterschiedlicher nicht sein können.

So erlebte es jedenfalls der brasilianische Schriftsteller João Ubaldo Ribeiro bei seinem mehr als einjährigen Aufenthalt 1990 im Berlin nach dem Fall der Mauer.

Ribeiro, der mit einem Stipendium des deutschen Akademiker-Austauschdienstes mit seiner Familie nach Deutschland gekommen war, beschrieb in Kolumnen für die Frankfurter Rundschau seine kleinen Pannen und großen Niederlagen in einem Land, das so völlig anders funktioniert als daheim.

Sein Waterloo erlebt er mit der deutschen Sprache: bedingt durch eine rasant steigende Ausländerfeindlichkeit wird dem mehr schlecht als recht radebrechenden Deutschanfänger von der einheimischen Bevölkerung mit Reserviertheit begegnet - verunsichert wird er zum "Stotterer vom Kurfürstendamm". Schließlich nimmt er jedoch die Herausforderung an und beschließt, mit einem Trabant in den Kampf zu ziehen.

Auch auf dem Sektor des Geldes tauchen unerwartete Probleme auf: während in Brasilien, durch galoppierende Inflation und regelmäßige Währungsreformen bedingt, Geld bloß als buntes Konfettipapier und wertloses Alu-Blech wahrgenommen wird, muss die Familie in Deutschland lernen, dass Geld wirklich Geld ist und auch kleine D-Mark-Münzen schon eine bestimmte Kaufkraft besitzen. Als erzieherische Maßnahme für die Kinder erhalten die Münzen daher Namen deutscher Freunde der Familie - das lehrt eine Wertschätzung, bringt allerdings das Problem, dass es schwer möglich ist, derart personifizierte Geldstücke auch wieder auszugeben.

Doch das gravierendste Problem stellt die Kollision deutscher Gründlichkeit mit brasilianischer Unverbindlichkeit dar: Wenn ein Deutscher "morgen" sagt, dann meint er damit tatsächlich morgen, während laut Ribeiro "amanhã" in Brasilien für ein breites Spektrum von Bedeutungen steht, und zwar von "niemals" bis "nächstes Jahr", und in den seltensten Fällen auch für "morgen", denn: das Leben ist ein ewiges Morgen.

Erfolge als "Kulturbotschafter" feiert der Autor schließlich an der kulinarischen Front: mit brasilianisch-deutschen Gerichten vom Typus "Eintopf Wiedervereinigung" fährt er eine Kampagne kultureller Annäherung, die er als geeigneter betrachtet als Lesungen und Vorträge. Allerdings kommt es auch hierbei zu vereinzelten Fehlschlägen gewürztechnischer Natur...

Der Schriftsteller, der im Jahr 2008 mit dem Prêmio Camões, dem bedeutendsten Literaturpreis der portugiesischsprachigen Welt ausgezeichnet wurde, liest am Freitag um 19 Uhr in der Hauptbücherei in Wien aus "Um Brasileiro em Berlim". (Michael Vosatka/derStandard.at, 16.9.2011)