Paris - Frankreichs Großbanken kommen nicht zur Ruhe. Am Mittwoch sorgten eine Abstufung durch die US-Ratingagentur Moody's für zwei der drei Großbanken, eine Mitteilung der BNP Paribas sowie eine für den Abend erwartete Telefonkonferenz der Staatschefs von Deutschland, Frankreich und Griechenland für neue Aufregung. Am Aktienmarkt setzte sich die Achterbahnfahrt fort. Die Papiere von BNP Paribas, Credit Agricole und Societe Generale (SocGen) sind wegen des starken Engagements im hoch verschuldeten Land Griechenland seit Anfang August stark unter Druck.

Anfang dieser Woche eskalierte die Lage - die Papiere gerieten in Erwartung der Abstufung durch Moody's und der Gerüchte über eine mögliche Pleite Griechenlands endgültig zum Spielball der Spekulanten. Zweistellige Ausschläge nach oben und unten standen auf der Tagesordnung. Angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Situation versuchte am Mittwoch auch die BNP Paribas, die Märkte mit einer Ankündigung, die Risiken reduzieren zu wollen, zu beruhigen.

Moody's macht sich immer mehr Sorgen um die französischen Banken-Engagements in Griechenland. Die Analysten senkten heute den Daumen über zwei Großbanken, die nicht nur viele Milliarden Euro in Staatsanleihen des hoch verschuldeten Mittelmeerlands investiert haben, sondern dort auch direkt Bankgeschäft betreiben: Societe Generale und Credit Agricole. Frankreichs größtes Geldhaus BNP Paribas kam zunächst zwar ungeschoren davon, die Bonitätswächter prüfen aber auch dort weiter eine Herabstufung. Die schlechteren Zeugnisse sind nicht nur ein Rückschlag für den angezählten französischen Bankensektor, um den sich seit Tagen Krisengerüchte ranken. Auch die europäische Politik kämpft bisher augenscheinlich vergeblich um das Vertrauen der Finanzmärkte.

Unsicherheit setzt Bankentiteln zu

Moody's hatte Mitte Juni angekündigt, sich die französischen Häuser näher anzuschauen. Die Analysten machen sich immer mehr Sorgen darüber, ob und wie die Institute mögliche Zahlungsausfälle in Griechenland aushalten können. Die Sorgen nahmen zuletzt eher noch zu - angesichts der Spannungen auf dem Interbankenmarkt und der gestiegenen Refinanzierungskosten. Die französischen Banken sind besonders abhängig von kurzfristigen Refinanzierungsmärkten. Doch genau diese Mittel stehen nur noch begrenzt zur Verfügung, unter anderem weil sich viele US-Geldmarktfonds wegen der Schuldenkrise aus Europa zurückziehen.

Nun setzte Moody's die Kreditwürdigkeit von SocGen und Credit Agricole jeweils um eine Stufe herunter. Das Langfrist-Rating von SocGen liegt damit bei "Aa3" (zuvor: "Aa2"). Der Ausblick ist negativ, damit drohen weitere Herabstufungen. Bei der Credit Agricole liegt das Langfrist-Rating nun bei "Aa2" ("Aa1"). Auf der gleichen Stufe steht BNP Paribas. Sollte das Rating auch hier gesenkt werden, dann ebenfalls um eine Stufe, erklärte Moody's.

Da die Herabstufung erwartet worden war, schlugen die Kurse am Mittwoch zunächst nicht mehr ganz so stark aus wie an den Vortagen. BNP Paribas und Societe Generale verzeichneten am späten Mittag Verluste in Höhe von rund drei (BNP) beziehungsweise vier Prozent (Societe Generale). Die Titel der Credit Agricole legten sogar um rund ein Prozent zu. Insgesamt blieb der Finanzsektor in Europa unter Druck. Erste Group und Raiffeisen Bank International blieben auch heute im Minus. Sie sind auch durch die ungarischen Beschlüsse an der Franken-Kreditfront belastet.

Noyer kalmiert: "Sehr kleine Herabstufung"

Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer versuchte die Anleger zu beruhigen. "Das ist eine sehr kleine Herabstufung", erklärte er. Moody's habe sich mit seinem Urteil nur den anderen Ratingagenturen angepasst. Ähnlich äußerte sich eine Regierungssprecherin. Der französischer Bankensektor sei in guter Verfassung, es gebe keinen Grund zur Beunruhigung.

BNP Paribas will der Sorge der Investoren um die Kapitalausstattung der Bank mit einer forcierten Schrumpfkur begegnen. Vorstandschef Baudouin Prot stellte seine Pläne auf einer Konferenz in New York vor. Demnach sollen risikogewichtete Aktiva im Volumen von 70 Mrd. Euro abgebaut werden. Die Konzernbilanz reduziere sich damit bis Ende 2012 um etwa 10 Prozent. Es werde genug Kapital freigesetzt, um ab 2013 auf eine harte Kernkapitalquote (Core Tier 1) von 9 Prozent zu kommen. Damit würden die neuen Anforderungen nach Basel III übererfüllt, erklärte die Bank. Ähnliche Pläne hatte am Dienstag bereits SocGen vorgestellt.(APA/Reuters)

Die Papiere der Societe Generale hatten in den vergangenen drei Monaten rund 55 Prozent ihres Werts verloren. Die BNP-Aktien stürzten im gleichen Zeitraum um knapp die Hälfte ab, die der Credit Agricole um mehr als 50 Prozent. Die französischen Banken zählen zu den am stärksten engagierten Instituten im von der Schuldenkrise geplagten Griechenland. Die Societe Generale hatte im zweiten Quartal unter anderem wegen hoher Abschreibungen auf ihre griechischen Staatsanleihen einen überraschend hohen Gewinneinbruch verbucht. Die Bank korrigierte den Wert der von ihr gehaltenen griechischen Anleihen um 395 Mio. Euro nach unten.

BNP Paribas musste ebenfalls bereits hohe Abschreibungen (534 Mio. Euro) vornehmen. Aus einer Analystenpräsentation geht hervor, dass der Gewinn bei einer marktgerechten Abschreibung derzeit mit weiteren 1,7 Mrd. Euro belastet würde. Bei dieser Zahl legt die BNP eine Abschreibung von 55 Prozent auf die gehaltenen Papiere zugrunde. Die bisher vorgenommene Abschreibung basiert auf einer im Rahmen des zweiten Rettungspakets vorgesehenen Wertberichtigung von 21 Prozent. Credit Agricole bezifferte die Belastungen aus den Abschreibungen auf die von ihr gehaltenen Griechenland-Anleihen und die Tochter Emporiki im zweiten Quartal auf netto 640 Mio. Euro.