Belgrad/Pristina - Einen Tag vor dem geplanten Ende der Kontrolle zweier Grenzübergänge durch internationalen Schutztruppe KFOR ist im Nordkosovo die Lage erneut angespannt. Die Übergabe der Kontrolle soll laut serbischen Medienberichten nur "allmählich" von statten gehen, zunächst solle die EULEX-Mission an den Übergängen stationiert werden. Der kosovarische Premier Hashim Thaci beteuerte hingegen, ab Freitag kosovarische Polizisten und Zöllner nach Jarinje und Brnjak zu entsenden. Belgrad kündigte umgehend "diplomatische und politische Maßnahmen" an. Ortsansässige Serben errichteten am Dienstagabend erneut Verkehrsblockaden in mehreren Ortschaften der Region.

Ein KFOR-Konvoi war durch von Serben aufgebauten Verkehrsblockaden am Dienstagabend bei Zvecan, nördlich von Mitrovica, an der Weiterfahrt in Richtung Leposavic gehindert worden. Der stellvertretende österreichische KFOR-Kommandant Johann Luif war in Verhandlungen mit den serbischen Bürgermeistern von Mitrovica, Zvecan und Leposavic vergeblich bemüht, die Weiterfahrt zu sichern. Erst am Mittwoch entspannte sich die Situation kurzfristig.

Zunächst wurde der aus 15 Fahrzeugen bestehende KFOR-Konvoi in Rudare bei Leposavic abermals angehalten. Nachdem die deutschen Soldaten die protestierenden Serben überzeugen konnten, nicht zum Grenzübergang Jarinje, sondern zum naheliegenden KFOR-Stützpunkt unterwegs zu sein, durfte der Konvoi seine Fahrt fortsetzen.

Barrikaden aus Schotter und Fahrzeugen wurden in der vergangenen Nacht auch in Mitrovica unweit einer Ibar-Brücke, aber auch bei Zubin Potok, westlich der Stadt, und im äußersten Norden des Landes, bei Leposavic, errichtet.

Der kosovarische Premier Hashim Thaci bekräftigte unterdessen bei einer Sonderkonferenz in Pristina die Entschlossenheit der Behörden in Pristina, Polizisten und Zöllner an die zwei Grenzübergänge im Nordkosovo zu entsenden. Laut Thaci wird die Umsetzung der zwischen Belgrad und Pristina Anfang September in Brüssel erzielten Einigung über die Anerkennung der Zollstempel am 16. September starten. Belgrader Behörden behaupteten allerdings, dass die beiden umstrittenen Grenzübergänge im Nordkosovo davon zunächst nicht betroffen sein werden.

Thaci erklärte, man habe volle Übereinstimmung erzielt; die KFOR und EULEX würden im Einklang mit ihrem Mandat wirken und die kosovarischen Behörden hätten die exekutive Gewalt. Die EULEX-Mission sowie die KFOR würden nur noch technische Unterstützung leisten, so Thaci gegenüber der Tageszeitung "Kosova Sot". Zunächst sollten kosovarische Polizisten und Zöllner am Grenzübergang Brnjak, westlich von Mitrovica, eingesetzt werden, in Jarinje werden technische Vorbereitungen dafür starten.

Laut der Belgrader Tageszeitung "Danas" wird die Übergabe der Kontrolle über Jarinje und Brnjak aber nur ""allmählich" von statten gehen. Unter Berufung auf Diplomatenkreise in Brüssel und Pristina berichtete das Blatt, die Grenzübergänge würden vorerst (ab Freitag) von der EULEX-Mission kontrolliert. Dies bedeute aber nicht, dass Beamte der EULEX-Mission diese Arbeit für immer verrichten werde, nur dass Pristina seine Gewalt im Norden des Kosovo allmählich einführen werde, was "jahrelang" dauern könnte, so "Danas".

Die neuen serbischen Verkehrsblockaden zielen darauf ab, die eventuelle Entsendung von kosovarischen Polizisten und Zöllnern an die Grenzübergänge zu verhindern. Die KFOR soll zudem daran gehindert werden, Zollcontainer zum im Juli demolierten Grenzübergang Jarinje zu transportieren. Belgrad werde die Entsendung kosovarischer Polizisten und Zöllner an die Grenze jedoch "unter keinem Druck" akzeptieren, erklärte Serbiens Präsident Boris Tadic am Dienstag.

Pristina hatte am 25. Juli bereits einmal versucht, in einer Operation der Sonderpolizei-Einheit Rosu die zwei Grenzübergänge im Nordkosovo unter Kontrolle zu nehmen. Es kam zu Auseinandersetzungen mit ortsansässigen Serben, die KFOR musste einspringen, um die Situation zu beruhigen. Seither werden die Grenzposten von der KFOR kontrolliert.

Im Kosovo leben derzeit etwa 130.000 Serben, die Hälfte davon im Norden des Landes. Der jüngste Staat Europas hat laut dem vorläufigen Ergebnissen der im April durchgeführten Volkszählung 1.733.872 Einwohner. (APA)