Grafik: DER STANDARD

Wien - Irgendwann wird die schiere Quantität in voller Wucht durchschlagen auf den Rest der Welt, das kleine Österreich mittendrin: Obwohl derzeit im Land selbst der Akademikeranteil noch gering ist (fünf Prozent), bildet China schon jetzt zwölf Prozent aller Akademiker weltweit aus - mehr als Japan (elf Prozent). Nur die USA produzieren mehr Akademiker für den Weltmarkt (26 Prozent).

Österreich tut das zwar seit dem Jahr 2000 mehr als je zuvor, aber das Tempo des akademischen Qualifizierungsschubs ist noch immer zu gering, um aus der Absturzzone herauszukommen. Im Verbund mit Deutschland und Brasilien warnt die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) Österreich in ihrer am Dienstag präsentierten Studie "Education at a Glance" (oecd.org/de/bildungaufeinenblick) davor, dass diese drei Länder "noch weiter hinter andere OECD-Länder zurückfallen werden", wenn die Akademisierung in dem langsamen Tempo weitergeht wie bisher. Besonders starke Zuwächse haben Frankreich, Irland, Japan und Korea. Derzeit beträgt der Akademikeranteil in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen in Österreich 21 Prozent - der OECD-Schnitt liegt bei 37 Prozent.

Akademiker zu sein erweist sich als dreifach vorteilhaft - sie selbst profitieren enorm, die Wirtschaft braucht sie als Arbeitskräfte, und der Staat gewinnt auch. Ein Akademiker bringt ihm um 66.200 Euro mehr zurück als seine Ausbildung kostet (Interview).

Was den individuellen Nutzen eines Abschlusses im tertiären Bildungssystem - Unis und Fachhochschulen - anlangt, ist Österreich eine der besten Adressen. Nur in zwei anderen Ländern, in Luxemburg und den USA, ist der Lebensstandard, der mit Akademikergehältern genossen werden kann, noch höher als hierzulande.

Wenn man ein Mann ist, macht sich ein Studium noch mehr bezahlt als für Frauen. Das kaufkraftbereinigte Jahreseinkommen von Akademikerinnen (26.518 Euro) ist um ein Viertel niedriger als das von Akademikern (35.320 Euro).

Ähnlich die Situation in jenem Bereich, in dem es Österreich traditionell auf Spitzenränge schafft: Nur in Tschechien und der Slowakei haben mehr Menschen einen Abschluss in der Sekundarstufe II, also eine berufliche oder fachliche Ausbildung (Lehre oder Matura), als in Österreich (mehr als 50 Prozent haben einen Abschluss). Auch diese Gruppe lukriert in Österreich deutlich mehr Einkommen als im OECD-Schnitt: 22.889 versus 16.890 Euro.

Drei Viertel machen's anders

Kritik üben die OECD-Experten am Sinkflug der österreichischen Bildungsausgaben. Seit 1995 geht es stetig bergab - von 6,2 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf 5,5 Prozent im Jahr 2000 bis auf 5,4 Prozent im letzten Analysejahr 2008 (OECD-Schnitt: 5,9 Prozent), hauptsächlich verursacht durch Rückgänge der Ausgaben für den öffentlich finanzierten Schulbereich.

Zudem gehört Österreich auch zu jenen Ländern, in denen in den Jahren 1995 bis 2008 der Anstieg der Bildungsausgaben klar hinter dem Anstieg des BIP, des Wirtschaftswachstums, zurückgeblieben ist. Die öffentlichen Ausgaben (5,2 Prozent) liegen zwar knapp über dem OECD-Schnitt (5,0 Prozent), die privaten (0,2 Prozent) aber weit darunter (0,9 Prozent).

Nimmt man aus der Studie den Satz "Die Ausgaben für Bildungseinrichtungen im Verhältnis zum BIP erlauben Rückschlüsse darüber, in welchem Ausmaß ein Land Bildung Priorität einräumt", dann ist das eine deftige Kritik an Österreich. Im Klartext: Bildung hat hier wenig Priorität. Im Gegensatz zu mehr als drei Viertel der anderen OECD-Staaten, wo der Ausgabenanstieg für alle Bildungsbereiche zusammen größer als das BIP-Wachstum war.

Bricht man die Bildungsausgaben pro Student und Schüler (die zwar in relativ kleinen Klassen sitzen, aber auch relativ kurzen Unterricht haben) herunter, landet Österreich schon traditionell weit vorn mit besonders hohen Pro-Kopf-Ausgaben - ohne dafür bei Pisa-Studien und Uni-Rankings Zinsen zu ernten. (Lisa Nimmervoll, STANDARD-Printausgabe, 14.9.2011)