Neue Facette im Mysterium Blaulicht-Funk: Nach Salzburg verweigert auch Kärnten den Beitritt zum digitalen Notrufdienst, womit noch ein Zahler für das inzwischen auf eine Milliarde Euro taxierte Projekt fehlt.

Rückblende: Kurz bevor der Deal mit Mastertalk (Siemens, Raiffeisen, Wiener Stadtwerke, Verbund) im Juni 2003 platzte, rief Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) einen hohen Raiffeisen-Manager aus dem Konsortium zu sich. Bei der Besprechung dabei waren auch die Kabinettsmitarbeiter Christoph Ulmer und Wolfgang Gattringer. Sie erklärten wortreich, dass das Pilotprojekt "hänge", auch in Tirol nicht funktioniere. Man werde nochmals ausschreiben müssen. Auf die Frage des Managers, was aus den Investitionen werde, gab es keine Antwort.

Bei einem weiteren Treffen, diesmal mit Siemens-Chef Albert Hochleitner, den Raiffeisen-Managern Walter Rothensteiner und Christian Konrad, habe Strasser nochmals erklärt, dass das Projekt "nicht funktioniert".

In der Folge kündigten Mastertalk und die Republik den Vertrag. Mastertalk reichte als Testballon eine Klage weit unter Schadenshöhe ein. Weil die Konsorten den Kampf gegen den Staat als hochriskant einschätzten, gingen sie letztlich auf einen Vorstoß von Strassers Nachfolgerin Liese Prokop ein, der mit einer Vergleichszahlung in Höhe von 29,9 Mio. Euro endete. Zuvor hatte sich Finanzminister Karl-Heinz Grasser beim Anwalt der Republik, der Finanzprokuratur, eingeschaltet. Auch er forcierte einen Vergleich. Über die diskrete wie umstrittene Abschlagszahlung soll auch Kanzler Wolfgang Schüssel informiert gewesen sein.

Besonders pikant: Das Aus für Mastertalk wurde damals damit begründet, dass das neue Projekt Tetron (Motorola, Alcatel) "mehr Einsparungen" bringe. 2011 wird Tetron zum Fass ohne Boden mit erheblicher Zeitverzögerung. Der Bund muss nach Abdeckungsgrad zahlen (heuer 17 Millionen Euro) und bei Vollausbau 25 Jahre lang 40 Millionen jährlich. Wiewohl die Summe deutlich über früher genannten Beträgen liegt, bestreitet das Innenministerium Mehrkosten. Maria Fekter (ÖVP) hatte 2008 noch von 33 Millionen Euro jährlich gesprochen.

Apropos: Die Agentur, die für Mastertalk arbeitete: Hofherr Communikation, später war Strasser daran beteiligt. (gra, ung, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.9.2011)