Die radiologischen Untersuchungen an dem 150 Millionen Jahre alten Wirbelknochen brachten die für Morbus Paget typischen Strukturen zum Vorschein.

Foto: F. Wieder, A. Hilger, HZB

Deutsche Paläontologen haben bei der Untersuchung des deformierten Wirbelknochens eines kleinen zweibeinigen Dinosauriers eine aufsehenerregende Entdeckung gemacht: Die Forscher fanden durch radiologische Analysen heraus, dass der Pflanzenfresser offenbar an Morbus Paget gelitten hat. Die Krankheit wird durch masernähnliche Viren ausgelöst und ist bislang nur von Menschen und Primaten bekannt ist. Die Knochenerkrankung ist damit erstmalig ein indirekter Beweis für die Existenz von Viren in erdgeschichtlicher Zeit, schreiben die Wissenschafter in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift "Current Biology".

Die Mitarbeiter des Museums für Naturkunde Berlin, Florian Witzmann und Oliver Hampe, fanden in den Sammlungen des Museums den pathologisch veränderten fossilen Knochen von Dysalotosaurus lettowvorbecki, einem kleinwüchsigen, zweibeinigen, 150 Millionen Jahre alten Dinosaurier aus Tansania, und analysierten ihn mit ihrem Forschungsteam. Abweichend von anderen Wirbeln zeigt der erkrankte Wirbel des Pflanzenfressers eine gleichmäßige Verdickung im mittleren Abschnitt und eine blumenkohlartige Oberflächenstruktur.

In der Mikro-Computertomographie offenbart der fossile Wirbel das charakteristische radiologische Erscheinungsbild der Paget-Krankheit: Knochenabbau im inneren Bereich des Wirbels und Knochenanbau im äußeren Bereich, der zu einer Verdickung der Außenschicht führt. Morbus Paget ist eine Erkrankung, bei der sich die Knochen vergrößern, deformieren und immer schwächer werden. Humanmediziner haben einen Virus identifiziert, der am Erkrankungsprozess beteiligt ist, möglicherweise in Kombination mit genetischen Defekten.

Infekt nach bekanntem Muster

Die Paget-Krankheit befällt beim Menschen hauptsächlich den Schädel, die Wirbelsäule und die Beckenknochen. In der Archäologie sind einige Beschreibungen der Paget-Erkrankung an Knochen bis ins Neolithicum (Jungsteinzeit) bekannt geworden. Nur vereinzelt existieren andere Nachweise, z.B. beim Orang-Utan und den Halbaffen. Daher ist der Nachweis der Paget-Krankheit bei Fossilien von außergewöhnlicher Bedeutung. Schon bei den Dinosauriern verlief der Infekt nach dem gleichen Muster wie beim Menschen, so die radiologischen Befunde. Daraus folgt, dass es Paramyxoviren, die potentiellen Auslöser der Paget-Krankheit, bereits seit mindestens 150 Millionen Jahren geben muss. (red)