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Am 1. Juli protestierten Greenpeace und Global 2000 in Wien für ein atomfreies Österreich.

Foto: APA/HOCHMUTH

Wien - Es begann mit einem Fischerboot: Am 15. September 1971 lief eine Gruppe von Friedensaktivisten mit ihrem Schiff von Kanada aus, um vor der Küste von Alaska einen geplanten Atomversuch der USA zu verhindern. Ihre Aktion bekam einen Namen, der die Umweltfarbe Grün mit "Frieden" verband: Greenpeace. Zwar scheiterte das Unternehmen, aber mit ihrer Aktion machten die Naturschützer weltweit Schlagzeilen. 40 Jahre später ist Greenpeace die einflussreichste Umweltschutzorganisation der Welt.

"Unser Erfolgsrezept war die Frechheit. Alle staunten: Wie können die es wagen, Regierungen zu attackieren und das Ende von Atomtests zu fordern. Das war aufsehenerregend - eben David gegen Goliath. Nur hielten nicht alle zu David: Während eurer Fahrt war ich in diversen Talkshows zu Gast. Da haben Anrufer gewünscht, dass diese Bande von Hippies doch ertrinken möge. Das war schlimm für mich. Denn da kämpfte das Schiff sich gerade durch einen Sturm und zehn Meter hohe Wellen", erinnerte sich das Gründungsmitglied Dorothy Metcalfe.

Mit der Aktion war die Strategie von Greenpeace vorgegeben. Frechheit, Überraschungseffekte sowie leicht verständliche Bilder und Symbole spielen dabei eine große Rolle. Ende August etwa protestierten in der Ostsee 50 Greenpeace-Schwimmer für eine Erneuerung der europäischen Fischereipolitik und formten dabei im Wasser das internationale Seenotkürzel "SOS". Bei vielen Aktionen sind Schiffe, Helikopter, Tauchroboter, Schlauchboote oder Wasserflugzeuge im Einsatz. An dem Grundsatz der Gewaltfreiheit hat sich in den 40 Jahren nichts geändert.

Offizielle Gründung in Österreich

In Österreich wurde die Organisation 1982 heimisch. Eine Gruppe engagierter Umweltschützer gründete in Wien die "Freunde von Greenpeace". Ein Jahr später wurde der Lizenzvertrag mit Greenpeace International unterschrieben. Noch im selben Jahr startete Greenpeace die erste Kampagne und landete prompt einen Erfolg. Der Protest gegen die Trichlorphenolanlage der Chemie Linz führte zur Stilllegung der Dioxin-verseuchten Anlage. Seither ist die Geschichte von Greenpeace in Österreich untrennbar mit der österreichischen Umweltgeschichte verbunden.

Weltweit hat die Umweltorganisation heute Büros in 28 Ländern in Europa, Amerika, Asien und Afrika. Rund 2,8 Millionen Menschen unterstützen Greenpeace. Seit 2009 ist mit Kumi Naidoo erstmals ein Afrikaner Chef von Greenpeace International. Die großen Themen heute sind Klimaschutz, das Ende der Atomkraft, die Rettung der Wale, der Kampf gegen Gentechnik sowie der Schutz der Meere und der letzten Urwälder. Finanziert werden die Aktionen vor allem durch Spenden: Allein 2010 wurden Gelder in Höhe von 230 Millionen Euro eingenommen. Geld aus Politik oder Industrie wird nach eigenen Angaben nicht genommen.

Obwohl Greenpeace die Gewaltfreiheit als oberstes Prinzip hat, verliefen die Aktionen nicht immer friedlich. 1985 versenkten französische Geheimagenten das Greenpeace-Schiff "Rainbow Warrior" im neuseeländischen Hafen Auckland. Es wollte damals gerade auslaufen, um gegen die französischen Atomversuche auf dem Mururoa-Atoll zu protestieren. Ein niederländischer Fotograf kam dabei ums Leben, die Pariser Regierung geriet in Erklärungszwang.

Für großen Wirbel sorgte 1995 auch die "Brent Spar"-Kampagne. Der Shell-Konzern wollte die ausrangierte Ölplattform im Nordatlantik versenken. Umweltschützer besetzten den Stahlkoloss. Am Ende musste Shell nachgeben und die "Brent Spar" an Land zerlegen. Allerdings musste sich auch Greenpeace nachträglich dafür entschuldigen, dass die Organisation die Ölmenge in der Plattform am Ende der Kampagne zu hoch angegeben hatte.

>>>>> "Wir waren die Bekloppten", erinnerte sich Wolfgang Pekny, Greenpeace-Aktivist der ersten Stunde

Bevor Greenpeace zum globalen Player im Umweltschutz aufgestiegen ist, war die Organisation getragen von abenteuerlichen Idealisten, die sich mit Hippie-Bart und Blumenkraft für die Natur stark machten. In der Bevölkerung gab es anfangs nur wenig Zustimmung für die Aktionen. "Wir waren die Bekloppten, die Fortschrittverweigerer", erinnerte sich Wolfgang Pekny, Greenpeace-Aktivist der ersten Stunde. Dass die Organisation einmal die heutige Größe erreichen würde, hätte damals niemand geglaubt.

Offiziell wurde Greenpeace 1983 in Österreich gegründet. Aber auch davor hatten sich einige Aktivisten - beeindruckt von dem internationalen Erfolg - einfach nach der Gruppe benannt. "Bis der böse Brief von Greenpeace International kam, dass wir das gar nicht dürfen", sagte Pekny. Anfangs war die Dachorganisation auch gar nicht groß an einem Ableger in Österreich interessiert, da man sich vor allem den Schutz der Meere auf die Fahnen geschrieben hatte. Schließlich wurde aber eine Lösung gefunden. Einigen Aktivisten ging es allerdings zu langsam, sie gründeten die bis heute wirkende Umweltorganisation "Global 2000".

Mythos und Spendensammlung

Greenpeace Österreich lebte anfangs vor allem vom medialen Mythos seiner Dachorganisation. So konnte man etwa selbstbewusst in die Räumlichkeiten des norwegischen Botschafters stolzieren, um mit einem Boykott-Aufruf zu drohen, falls das Land nicht auf das Schlachten von Robben verzichten sollte. "Alle glaubten, dass wir überall präsent und allwissend sind. In Wahrheit war anfangs nichts dahinter", so Pekny. Damals gab es auch noch keinerlei hauptberuflichen Mitarbeiter.

Das Lukrieren von Spenden stand an "dritter oder vierter Stelle" und hat die Aktivisten vor allem genervt. Wenn man Geld für eine Aktion benötigte, stellten sie sich bewaffnet mit einer Spendenbüchse und Fotos von toten Robbenbabys in die Unterführung beim Wiener Schottentor. "Hätte mir damals jemand gesagt, ich könnte in fünf Jahren das gleiche machen, aber davon leben, ich hätte mir gedacht, der spinnt", sagte Pekny.

Durchbruch

Der Durchbruch von Greenpeace beruhte schließlich auf zwei - tragischen - Ereignissen. Die Versenkung der "Rainbow Warrior" durch den französischen Geheimdienst "war in Wahrheit wie ein Ritterschlag", so Pekny. Wäre Greenpeace nur ein unbedeutender Haufen, hätte es kaum eine derartig drastische Reaktion eines mächtigen Landes gegeben. Als in Russland das Atomkraftwerk Tschernobyl in die Luft ging, war der Umweltschutzgedanke endgültig auch bei der Bevölkerung angekommen. "Plötzlich kamen Kuverts mit hundert Schilling als Spende drinnen. Wir hatten damals nicht einmal ein Konto", erinnert sich Pekny. Dann wurde die Organisation aber schnell gleichzeitig immer größer und professioneller.

Der Erfolg von Greenpeace lag Pekny zufolge daran, dass sich in der Organisation die "Erbsenzähler" und die "Visionäre" gegenseitig ergänzten. "Hätte es nur so Aktivisten wie mich gegeben, wären wir schnell verpufft", ist sich Pekny sicher. (APA)