Buchcover - Residenz Verlag

Wien - Wie entstand das Leben? Mit "Die Henne und das Ei" gibt die Wiener Molekularbiologin Renée Schroeder eine chemisch-molekulare Antwort auf die große Frage bzw. darauf, wie es gewesen sein könnte. Doch die Wittgenstein-Preisträgerin belässt es nicht bei einem populärwissenschaftlichen Ausflug durch ihre "Lieblingswelt" - jener der Moleküle und Atome -, sondern sie präsentiert in dem im Residenz Verlag erschienen Buch auch einen sehr persönlichen Streifzug durch Randthemen der Forschung, darunter der Umgang mit Religion, Frauenkarrieren, Ethik und Bildung.

Im Mittelpunkt steht die Chemie und damit Schroeders Antwort auf das Henne-Ei-Problem: Das "Molekül des Lebens" ist dabei die RNA (Ribonukleinsäure). Die DNA ist heute als der stabile Träger von Erbinformation bekannt, die Proteine übernehmen katalysatorische Aufgaben. Die RNA hat beide Fähigkeiten. So postulierte der Physiker und Biochemiker Walter Gilbert auch in seiner "RNA-Welt-Hypothese", dass es während der Entstehung des Lebens ein Zeitalter gegeben hat, "in dem RNA-Moleküle beide Funktionen, sowohl die Information als auch den Metabolismus, gesteuert haben". Es soll zu Zeiten der "RNA-Welt" also eine Zellform gegeben haben, "in der RNA sozusagen dominiert hat", und die erst später von anderen Zellformen mit DNA und Proteinen abgelöst wurde. Die RNA-Theorie sei derzeit "die populärste", so die Autorin, weil sie "das Henne-oder-Ei-Problem klärt".

Fürsprecherin einer Wissensgesellschaft

Das "vielseitigste, wandelbarste, sensibelste und faszinierendste Molekül" beforscht die Leiterin des Department für Biochemie und Zellbiologie der Max F. Perutz Laboratories in Wien seit etwa 20 Jahren - und noch heute bringt die RNA die Forscherin ins Schwärmen. Doch auch in anderen Rollen, etwa als Mutter zweier Söhne, als Professorin an der Universität, als Frau in der Wissenschaft, als ehemaliges Mitglied der nationalen Bioethikkommission und als Fürsprecherin einer Wissensgesellschaft, erörtert und kommentiert Schroeder Entwicklungen in der Forschung und Gesellschaft.

So schreibt sie etwa auch über "Grenzen der Wahrnehmung", "Glauben und Wissen", "Bioethik", "Gender" und "Bildung". Sie wendet sich etwa gegen das jüdisch-christliche Weltbild, sieht Bildung als Chance zu mehr Selbstsicherheit - und appelliert, Vielfalt, Veränderung und Bewegung zuzulassen. Zuletzt zeichnet sie die Grundzüge ihrer "Lebensphilosophie" nach und gesteht: "In der Zeit, in der dieses Buch entstanden ist, habe ich viel Ordnung in meine Gedanken gebracht." Geholfen hat ihr dabei der Dialog mit der Journalistin Ursel Nendzig. (APA)