London - Der City of London und ihren Banken stehen große Veränderungen bevor. Die konservativ-liberale Koalition will den Londoner Finanzsektor zu radikalen Änderungen zwingen, gewährt den heftig protestierenden Bankern dafür aber rund drei Jahre Frist. Damit folgt Finanzminister George Osborne den Empfehlungen der Banken-Reformkommission, die am Montag ihren Abschlussbericht vorlegt.

Das Gremium unter Leitung des Ökonomieprofessors John Vickers dürfte an der wichtigsten Neuerung festhalten: Die Großbanken müssen systemrelevante Bereiche wie das Privatkundengeschäft und Firmenkredite durch eine Firewall vom riskanten Investmentbanking abschirmen. Banklobbyisten halten die auf fünf Mrd. Euro geschätzte Maßnahme "zum jetzigen Zeitpunkt für völligen Wahnsinn".

Seit dem Finanzcrash im Oktober 2008 gehören große Banken wie RBS (83 Prozent) und Lloyds (41 Prozent) zu großen Teilen dem britischen Steuerzahler. Die Regierung hat den Bankensektor im Frühjahr mit einer Milliardenabgabe belastet und die Aufsichtsbehörde FSA zerschlagen; in Zukunft soll der Sektor wieder von der Bank of England überwacht werden.

Labour-Parteichef Edward Miliband will die Reformideen der Bankenkommission durch ein Verzeichnis sämtlicher Finanzangestellten ergänzen. Ähnlich dem Regulierungssystem für Ärzte und Anwälte könnten korrupte oder kriminelle Banker von der Berufsausübung zeitweise oder dauerhaft ausgeschlossen werden. "Man hat den Eindruck, dass der Sektor einfach nicht kapiert, was er angerichtet hat", beklagt der Oppositionsführer.

Dass härtere Auflagen für die Finanzindustrie parteiübergreifend populär sind, demonstriert die Wortmeldung des konservativen Ex-Investmentbankers Sajid Javid. "Natürlich sind die Banken dagegen, aber ich hoffe, die Kommission bleibt bei ihren Vorschlägen", sagt der frühere Angestellte der Deutschen Bank, der jetzt den Wahlkreis Bromsgrove im Unterhaus vertritt. (Sebastian Borger, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.9.2011)