Besonders Menschen ab dem 50. Lebensjahr sind betroffen. Umweltfaktoren, Medikamente, ein fehlgeleitetes Abwehrsystem setzen dem Auge zu und verursachen zwei Fehlfunktionen: "Entweder ist die Menge der nährstoff- und sauerstoffreichen Tränenflüssigkeit reduziert, oder aber die Tränenflüssigkeit verdunstet zu rasch", erklärt Jutta Horwath-Winter von der Universitäts-Augenklinik der Med-Uni Graz. Das schnelle Verdunsten betrifft zwei Drittel der Patienten. Bei ihnen hat sich die äußere Fettschicht, die das Auge vor dem Austrocknen schützt, verändert.

Diese ölige Schicht wird von den sogenannten Meibom- oder Talgdrüsen gebildet. Sie sitzen am inneren Rand der Augenlider. Mit jedem Blinzeln geben sie ihre fettige Substanz ab, die dann die äußerste Schicht des Tränenfilms bildet. Das getrocknete Fett zusammen mit Schleimsubstanzen kennt übrigens jedes Kind. Es ist der "Schlafsand, den das Traummännlein zum Einschlafen schickt" und das man sich morgens aus den Augen reibt.

Wissenschafter konzentrieren sich derzeit darauf, wie sie Patienten, deren Talgdrüsen nicht hinreichend arbeiten, helfen können. Forscher vom Southwestern Medical Center der texanischen Universität in Dallas stellten etwa fest, dass der Ölfilm bei Temperaturen unterhalb von 32 Grad Celsius eine zähe und dickflüssige Konsistenz annimmt und damit das Auge nicht mehr ausreichend benetzt.

Wind und Wetter

"Dieser Mechanismus scheint einer der wichtigsten Gründe zu sein, warum Patienten mit Trockenem Auge so anfällig bei kaltem windigem Wetter sind", sagt Studienautor Igor Butovich, Professor an der Abteilung für Augenheilkunde. Auch Augentropfen, die Symptome eigentlich lindern sollten, erzeugen Kälte und könnten insofern kontraproduktiv sein. "Dies", so fordert er, "sollte künftig bei der Entwicklung neuer Medikamente bedacht werden."

An der Med-Uni Graz hingegen folgen Mediziner einer Spur, die das Leiden der Patienten schnell bessern könnte. Katharina Königshofer untersuchte an 16 Patienten, ob ungesättigte Fettsäuren - also solche, die der Körper nicht selbst herstellen kann - die Tränenflüssigkeit positiv beeinflussen. "Tatsächlich werden den bekannten Omega-3-Fettsäuren entzündungslindernde Eigenschaften zugeschrieben", so Horwath-Winter.

Königshofer prüfte, inwiefern Omega-3-Fettsäuren aus Nahrungsergänzungsmitteln zusätzlich zur gewöhnlichen Therapie mit Tränenersatzmittel wirken. Das Resultat: Tatsächlich steigerte sich das persönliche Empfinden der Patienten, das sie über standardisierte Tests ermittelten, deutlich. Ebenso nahmen die Verletzungen der Bindehaut eindeutig ab. Die Tränenflussmenge sowie die Hornhaut selbst zeigten jedoch keine signifikante Verbesserung.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch andere Studien. Man vermutet, dass ungesättigte Fettsäuren einen günstigen Einfluss auf die Fette der Meibom-Drüsen haben. Patienten, die an einer milden bis mäßigen Form des Trockenen Auges leiden, rät Jutta Horwath-Winter daher, zweimal die Woche fetten Fisch zu essen. "Eine angenehme Therapie", so Horwath-Winter. (eg, DER STANDARD Printausgabe, 12.09.2011)