DER STANDARD-
Schwerpunktausgabe 9/11

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Wien - "Am 11. September wurde uns gezeigt, wie verwundbar wir sind. Es gab zu wenig Kontrolle, das haben die Terroristen schamlos ausgenutzt." Ian C. Kelly, US-Repräsentant bei der OSZE in Wien, rechtfertigte die nach dem Anschlag beschlossenen Gesetze bei dem Symposium "Nine Eleven & Europe" , das von Reporter ohne Grenzen und anderen Pressefreiheitsorganisationen am Freitag in Wien veranstaltet worden war.

Die anwesenden Medienexperten diskutierten, wie sich diese Eingriffe auf die Menschenrechte und auf die Arbeit von Journalisten auswirken. An Bedeutung hätten Medien jedenfalls nicht verloren, erklärte Eva Nowotny, Präsidentin der Österreichischen Unesco-Kommission, sie seien im Gegenteil "aufgestanden und in den Vordergrund getreten" . Den Gesetzgebern käme zugute, dass wir heute "in einer Mischung aus Angst, Hilflosigkeit und Unsicherheit leben. In dieser Situation nehmen die Menschen schärfere Sicherheitsgesetze viel eher hin" , obwohl damit auch ihre eigenen Rechte beschnitten würden.

Dass auch Journalisten massiv betroffen sind, erläuterte David Banisar, Direktor der Menschenrechtsorganisation Article 19, anhand einer Studie, nach der seit dem 11. September 2001 über 100.000 Journalisten aufgrund von Antiterrorbestimmungen verhaftet wurden. Dabei reiche es oft aus, politische Ansichten zu äußern, um belangt zu werden, kritisierte Yaman Akdeniz, Professor an der juristischen Fakultät Bilgi.

Den größten Wandel habe seit 9/11 das Internet erfahren, und trotzdem seien wir erst dabei, "die neuen Möglichkeiten zu verdauen" , sagte Dunja Mijatović, OSZE-Medienbeauftragte. Die Rolle des Internets bei den Revolutionen im arabischen Raum werde jedenfalls überschätzt, den größten Einfluss hätten die TV-Stationen gehabt, schilderte Karim El-Gawhary, ORF-Korrespondent in Kairo. Das Internet zu kontrollieren sei unmöglich, "genauso wie der Versuch, halb schwanger zu sein". (fg/DER STANDARD; Printausgabe, 10./11.9.2011)