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Immer bereit, im richtigen Moment zuzugreifen: Investor Ronny Pecik. Bei der VATech hat sich das Anpirschen vor sieben Jahren auch bewährt.

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Grafik: Standard

Wien - Als wäre die Korruptionsaffäre der Telekom Austria (TA) nicht genug, hat Österreichs größter und teilstaatlicher Telekomkonzern nun auch noch ein Eigentümerproblem. Der prominente Investor Ronny Pecik, der mit Wildwest-Manieren beim Einstieg in die Industriekonzerne Oerlikon und Sulzer viel Staub in der Schweiz aufwirbelte, soll laut Format Online die TA im Visier haben. Gemeinsam mit anderen Investoren peile der Österreicher eine Beteiligung von 20 Prozent an der TAan und würde damit nach der Staatsholding ÖIAG, die aktuell 28,4 Prozent hält, zum zweitgrößten Aktionär aufsteigen.

Pecik dementierte nur halbherzig:Die Meldung stimme nicht, erklärte er und ließ alle Nachfragen unbeantwortet. Faktum ist allerdings, dass die kalifornische Capital Research and Management Company ihren dem Vernehmen nach 19-prozentigen TA-Anteil seit Juni um mehr als 15 Prozent reduzierte (meldepflichtig sind nur Fünf-Prozent-Schritte) und der Markt ebenso wie TAund ÖIAG rätselt, wer die Papiere übernommen haben könnte.

Hinzu kommt, dass sich Aktionäre in Österreich relativ leicht in Unternehmen einschleichen können, wie es Schaeffler bei Continental gemacht hat oder Porsche bei VW. Laut Börsegesetz müssen wohl Aktienkäufe ab fünf Prozent gemeldet werden, nicht aber der Kauf bestimmter Optionen wie Cash settled Derivates. Dabei hat der Optionshalter Anspruch auf die Differenz zwischen Börsenkurs und Ausübungspreis - und nicht selten bietet der "Stillhalter" dem Halter der Call-Option die Aktien an. Entscheidet sich letzterer für die Aktien, muss er den Aktienbesitz spätestens eine Woche nach dem Deal melden.

Vorgangsweise erinnert an VA-Tech

Damit ist klar: Ausgeschlossen ist in Sachen Telekom gar nichts. Noch ein Aspekt wird mit Interesse registriert. Der ägyptische Handyriese Orascom verhandelte bereits im Sommer 2008 intensiv über einen Einstieg bei der TA, der bis zu einer Fusion gehen hätte können. Nicht zuletzt wegen Neuwahlen kam der Deal, dem die ÖIAG unter ihrem damaligen Vorstandschef Peter Michaelis nicht abgeneigt war, nicht zustande.

In Regierungskreisen, insbesondere der SPÖ, reagiert man verschreckt auf den möglichen neuen Großaktionär. Sie fühlen sich frappant an das Schicksal der VATech erinnert. In den teilstaatlichen Anlagenbaukonzern hatte sich Pleitier Mirko Kovats 2003 eingekauft, indem er der Voestalpine (unter ihrem Chef Franz Struzl) ihr VA-Tech-Paket abnahm - und so letztlich die spätere Übernahme des einstigen Flaggschiffs durch Siemens einleitete. Mit von der Partie via Übernahmevehikel Victory: Ronny Pecik. Nachdem Kovats und Pecik die für die brustschwache VATech notwendige Kapitalerhöhung vereitelt hatten, verkauften sie ihre VA-Tech-Aktien an Siemens, die ein Übernahmeangebot legte. Die ÖIAG gab ihre VA-Tech-Aktien verhältnismäßig billig ab, sodass Siemens den Deal mit dem Abverkauf des VA-Tech-Vermögens finanzieren konnte.

"Unrund" machen Beobachter darüber hinaus die guten Ost-Kontakte des Finanzjongleurs Pecik. In der Schweiz hatte er "Oligarch" Viktor Vekselberg und Bau-Erben Georg Stumpf an seiner Seite. Nun kursieren Gerüchte, die russische Vimpelcom wäre mit von der Partie. Vimpelcom war zuletzt Arbeitgeber von Ex-A1- und Telekom-General Boris Nemsic,

Wie auch immer die Eigentumsverhältnisse künftig aussehen: Die skandalgebeutelte Telekom bietet sich als potenzielles "Opfer" für eine Übernahme geradezu an. Sie hat seit Ausbruch der Finanzkrise zwei Drittel ihres Werts verloren. Neben schaumgebremsten, aber doch anhaltenden Einbußen im Festnetz macht dem Konzern die 2007 - im Nachhinein betrachtet teuer - erworbene weißrussische Beteiligung Velcom zu schaffen. Sie musste bereits mehrfach wertberichtigt werden.

Billiges Opfer TA

Auch die Entwicklung des Eigenkapitals spricht eine deutliche Sprache:Es schrumpfte von 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf gerade noch 755 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2011. Der Verschuldungsgrad (Gearing Ratio) stieg Ende Juni auf 470 Prozent des Eigenkapitals - und ein Ende ist nicht absehbar. Dafür gibt es ein Dividenden-Versprechen des TA-Vorstandsduos Hannes Ametsreiter und Hans Tschuden. Vorbei sein dürften die fetten Jahre vorerst auch beim Bulgarien-Ableger Mobiltel. Attraktiv ist die starke Stellung der TA am Mobilfunkmarkt in Ost- und Südosteuropa dennoch - obwohl es bei der Privatisierung der Telekom Srbija nicht geklappt hat: In der ÖIAGsollen mehrere TA-Interessenten vorstellig geworden sein. (asung, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 10.9.2011)