Günther König schafft mit Fotocollagen Manhattan-Panoramen. 

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DER STANDARD-
Schwerpunktausgabe 9/11

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Wien - Am 11. September 2001 war Günther König in Wien und starrte auf einen Fernsehschirm. Wie die meisten. Und wie die meisten konnte er nicht glauben, was da zu sehen war, hielt es für einen Film, eine Fiktion. Und war schockiert, als klar war, dass es keine Fiktion war.

1990 war König als 20-Jähriger zum ersten Mal in New York, als Höhepunkt und Abschluss einer Weltreise, und blieb dort zwei Monate. Immer wieder kehrte der Maler und Fotograf für Aufenthalte von zwei bis drei Monaten zurück, um die Kraft der Stadt zu inhalieren und die Skyline von Manhattan zu reflektieren. "Ich bin ein Skyline-Junkie und finde Skylines überall faszinierend. Auch in Dubai oder Hongkong. Die New Yorker Skyline ist so außergewöhnlich, weil sie ungeplant ist. Die Türme des World Trade Center waren das Einzige, das wirklich Konzept hatte. In ihrer Klarheit und Großzügigkeit waren die zwei Zeigefinger im Himmel, die man von jedem Teil New Yorks aus sehen konnte, ein Orientierungspunkt." Dass der 11. September alles verändert hat, ist ein Gemeinplatz mit Allgemeingültigkeit. Auch für Günther König.

Der Tag habe seine Arbeit, sein Sehen grundlegend verändert. Denn neben der Tragik der Geschehnisse blieb auch diese Lücke. "Obwohl die Türme weg waren, konnte man sie immer erahnen." Das Irritierende an diesem Zustand machte ihn zum Suchenden mit der Kamera. 70.000 Bilder sind während der New-York-Aufenthalte nach 9/11 entstanden. Bei jeder Bilderreise schwingt die Stimmung der Stadt mit. "Alle haben auf die eine oder andere Weise gelitten." Und viele hätten dem Ereignis die Schuld an Entwicklungen gegeben, die damit ursächlich nichts zu tun gehabt hätten. Es hätte mindestens fünf Jahre gedauert, bis die Kraft nach New York zurückgekehrt sei.

Je länger König New York mit der Kamera untersuchte, desto klarer wurde, dass er New York nicht mit wenigen Bildern gerecht werden könne. Viele mussten es sein. Keine Ausstellung, sondern ein Buch. Like a Poem lautete der ursprüngliche Titel. Zweitausend Bilder sind drinnen. Ich wollte bewusst keinen Kunstband machen, sondern ein Buch, das alle anspricht. Es soll üppig sein, einfach zu viel von allem. Wie New York sind auch die Collagen eine Überlagerung von vielem. Es mag einem zunächst hektisch vorkommen. Bei längerem Hinsehen verliert sich die Hektik, und es wird beruhigend. Wie New York."

New York ist für König eine fotogene Stadt. "In Wien zum Beispiel wüsste ich gar nicht, was ich fotografieren sollte. Schöne Gebäude - und das war's."

Mit dem Buchprojekt, das jetzt als "Rohling" vorliegt und nächstes Jahr erscheinen soll, sind Suche und Sucht nach New York abgeschlossen. "Ich muss nicht mehr wissen, was hinter der nächsten Ecke ist." Was hinter den nächsten Ecken in anderen Städten liegt, fasziniert. Die nächsten Ecken von Rio zum Beispiel. (Bettina Stimeder, DER STANDARD - Printausgabe, 10./11. September 2011)