ien - Der deutsche Ex-Außenminister Joschka Fischer glaubt trotz des jüngsten Stillstands weiter an eine Realisierung der Nabucco-Gaspipeline, die von den Energiekonzernen RWE und OMV federführend geplant wird. "Ich bin da optimistisch", sagte Fischer am Dienstag in Wien. Der Zeitplan sei "unverändert", betonte der als Lobbyist für den deutschen Energiekonzern tätige frühere Grün-Politiker.

Fischer betonte, dass die Nabucco-Pipeline "für Europa wichtig" sei. Zugleich wies er immer die hartnäckigen Gerüchte, die Pipeline werde keine Gaslieferanten bekommen, als "Propaganda" zurück. "Das Gas ist da, die Lieferverträge sind nicht da", betonte er. Im Jänner hatte er am Rande einer Energiekonferenz in Wien gesagt, die Entscheidung über die Realisierung von Nabucco müsse in den nächsten Monaten fallen.

Dass diese Frist verstrichen ist, erklärt Fischer damit, dass durch den deutschen Atomausstieg "neue Belastungen" auf den Energiekonzern RWE entstanden seien. "Es sind neue Schwierigkeiten aufgetaucht, nicht in der Region, sondern duch den deutschen Atomausstieg und die Bedeutung, die das für das Unternehmen hat", erläuterte er. Ob dies bedeute, dass RWE nun kein Geld mehr für die Realisierung des Nabucco-Projekts habe, woll er aber "so nicht sagen".

Die Nabucco-Pipeline soll Erdgas aus Zentralasien nach Europa bringen und dabei das bisherige Hauptlieferland Russland umgehen. Dieses ist mit dem Konkurrenzprojekt "South Stream" präsent und hat dafür schon Verträge mit allen potenziellen Transitländern in Südosteuropa abgeschlossen. Österreich ist in Sachen Gaspipeline zweigleisig unterwegs, es drängt zwar auf EU-Ebene massiv auf eine Realisierung von Nabucco, will sich aber auch als Transitland an South Stream beteiligt.

Nord-Stream-Pipeline geht derweil "online"

Schneller geht es bei der Ostseepipeline nach Deutschland. Erstmals pumpt Russland durch die Nord-Stream-Pipeline Erdgas unter Umgehung aller Transitländer direkt nach Deutschland. Der russische Regierungschef Wladimir Putin drehte am Dienstag bei Wyborg in der Nähe der finnischen Grenze den Gashahn für das Befüllen der 1.224 Kilometer langen Leitung nach Lubmin bei Greifswald auf. Die mit insgesamt 7,4 Mrd. Euro veranschlagte Pipeline gilt als eines der größten Energieprojekte Europas. Der russische Vizeregierungschef Igor Setschin gab die Kosten am Dienstag mit 8,8 Mrd. Euro an, unter Berücksichtigung "gewisser Zinsen".

An der Zeremonie wollte auch der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder teilnehmen. Schröder hatte das Vorhaben 2005 gemeinsam mit Putin - damals Kremlchef - beschlossen. Er ist inzwischen Vorsitzender des Aktionärsausschusses des russisch-dominierten Betreiberkonsortiums Nord Stream. Deutschland und die ganze EU versprechen sich von der Leitung durch die Ostsee mehr Energiesicherheit. Russland will besonders am wachsenden Energiehunger der EU kräftig verdienen.

Zunächst strömt "technisches Gas" in die Pipeline. Damit wird der nötige Druck aufgebaut. Nach Angaben von Putin wird das erste Gas Ende Oktober, Anfang November in Deutschland ankommen - pünktlich zur Heizperiode. Das Gas stammt von dem russischen Energieriesen Gazprom. (APA)