Wien - Ein Wiener Wissenschafter-Team unter der Leitung von Georg Weitzer von den Max F. Perutz Laboratorien der MedUni Wien (Department für Medizinische Biochemie) hat entdeckt, dass embryonale Stammzellen von Mäusen das "Wissen" für die Entstehung von symmetrisch angelegten Organen besitzen. Und das unabhängig von Einflüssen von außen. "Das dürfte epigenetisch festgelegt sein", erklärte Weitzer. Mit der weitern Entwicklung geht den Zellen diese Information aber wieder verloren.

"Während der Embryonalentwicklung von Tieren kommt es sehr früh zur Ausbildung von Symmetrien in der Anordnung von Zelltypen, die dann in der späteren Entwicklung häufig aber wieder gebrochen werden und zur asymmetrischen Anordnung der Organe (z.B. beim Herz, Anm.) beitragen", schrieben die Wissenschafter aus Anlass ihrer Publikation in der Fachzeitschrift Cells-Tissues-Organs.

Die Forscher gewannen im Laufe ihrer Studien embryonale Stammzellen von Mäusen und ließen sie aggregieren, also sich zu Klumpen zusammen ballen. Das geschieht, wenn embryonale Stammzellen ohne Kontakt zu einer Oberfläche im Labor kultiviert werden und imitiert teilweise die früheste Embryonalentwicklung von Organismen.

Was dabei bemerkenswert war: In den Embryoid Bodies kam es zunächst punktsymmetrisch und schließlich seitensymmetrisch (bilateral) zur Anordnung von Zellen, wie das den Abläufen in der frühen Embryonalentwicklung sehr ähnlich ist. Allerdings, so Weitzer: "Während der Entstehung der ersten Herzzellen in diesen Stammzellaggregaten wird diese Symmetrie jedoch geordnet aufgebrochen, was wiederum mit der Ausbildung des Herzens als erstes asymmetrisches Organ in den Embryonen korreliert."

"Wissen", das verloren geht

Von besonderer Bedeutung aber dürfte folgende Beobachtung - so der Wissenschafter - sein: "Das geschieht in Labor ohne Einflüsse von außen, ist also auch nicht von der Einnistung eines Embryos in eine Gebärmutter abhängig." Die embryonalen Stammzellen haben dieses "Wissen" also quasi "eingebaut". Auf der anderen Seite, so Weitzer: "Diese den embryonalen Stammzellen innewohnende Information geht bei der Entstehung von gewebsspezifischen adulten Stammzellen verloren. Führt man diese Experimente mit aus Mäuseherzen isolierten somatischen Herzstammzellen (also Stammzellen, welche nur noch zu Herzzellen werden können, Anm.) durch, kommt es in den Aggregaten zwar zur Entstehung von sehr viel mehr Herzzellen, aber weder zu symmetrieausbildenden noch zu symmetriebrechenden strukturellen Prozessen."

Der Grund dafür dürfte in einem epigenetischen Steuerungsmechanismus in den embryonalen Stammzellen liegen. Unter Epigenetik verstehen die Wissenschafter die Steuerung von Aktivierung bzw. Deaktivierung von Erbanlagen durch Faktoren, welche das Ablesen der Geninformationen beeinflussen. Weitzer: "Diese Experimente lassen zum erstmals erahnen, dass die epigenetische Information in embryonalen Stammzellen - und nur dort - ausreicht, dass zumindest einige frühe Aspekte der Embryonalentwicklung von Säugetierembryonen auch außerhalb des Uterus autonom ablaufen können." (red/APA)