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Fettleber, Leberzirrhose und Einbußen der kognitiven Hirnleistung - diese gesundheitlichen Folgen intensiven Alkoholkonsums sind hinlänglich bekannt. Als Zellgift schädigt Ethanol jedoch sämtliche Organe, so auch die Bauchspeicheldrüse. Während jedoch die Leber erst relativ spät auf sich aufmerksam macht, äußert sich eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse schon frühzeitig sehr schmerzhaft.

Gürtelförmig werden die heftig bohrenden Schmerzen einer akuten Pankreatitis von den Patienten beschrieben und liefern allein damit den wichtigsten diagnostischen Hinweis. Sind dann noch die Laborparameter Amylase und Lipase erhöht, dann steht die Diagnose. 72 Stunden lang tappen Mediziner aber mehr oder weniger trotzdem im Dunkeln.

Nekrotisierend oder serös

"Die Bildung von Nekrosen in einer entzündeten Bauchspeicheldrüse nimmt mehrere Tage in Anspruch, deshalb ist die Aussagekraft einer Computertomografie in der Frühphase einer akuten Pankreatitis eingeschränkt", weiß Andreas Püspök, Facharzt für Gastroenterologie und Hepatologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien und bezeichnet diverse Scores, die zur Abschätzung der Prognose einer akuten Pankreatitis herangezogen werden, als relativ ungenau. 

Akute Pankreatitis ist eben nicht gleich akute Pankreatitis. Die Medizin unterscheidet zwischen serös interstitiell-ödematösen und hämorrhagisch-nekrotisierenden Formen. Während erstere, wenn auch schmerzhaft, in aller Regel harmlos verläuft, ist die nekrotisierende Variante potentiell lebensbedrohlich und geht mit einer Mortalität von immerhin 30 Prozent einher. 

"Die größte Gefahr für den Patienten ist der massive Flüssigkeitsverlust, der im Rahmen der nekrotisierenden Entzündung auftreten kann und der auch Hauptauslöser für ein frühes Multiorganversagen und frühe Todesfälle darstellt", betont Püspök.

Funktionsverlust erzeugt Diabetes

Zeigt das CT auch nach 72 Stunden keinerlei Nekrosen, dann dürfen die Patienten aufatmen und darauf hoffen, dass es bei einem einmaligen Ereignis bleibt. Innerhalb von vier bis zwölf Wochen ist die Bauchspeicheldrüse wieder vollständig rehabilitiert. Nicht so bei der hämorrhagisch-nekrotisierenden Pankreatitis, bei der in vielen Fällen eine Funktionseinschränkung des Organs zurückbleibt. Diese Einbuße ist auch ein entscheidendes Kriterium für die Diagnose „chronische" Pankreatitis, wo es kontinuierlich zu einer Verschlechterung der exokrinen und endokrinen Drüsenfunktion kommt. 

"Die Bauchspeicheldrüse hält ziemlich viel aus. Sie muss 80 Prozent ihrer Funktion einbüßen, damit sich ein Diabetes manifestiert", erklärt der Wiener Gastroenterologe. Die Entstehung eines Diabetes, erklärt sich mit der endokrinen Tätigkeit der Bauchspeicheldrüse. In ihren Inselzellen werden Insulin und Glucagon produziert. Beide Hormone zeigen sich für die Blutzuckerregulation verantwortlich.

Obsolete Nahrungskarenz

Bei der Nahrungsaufspaltung stellt das Pankreas seine exokrinen Fähigkeiten unter Beweis. Es produziert verschiedene Enzyme, die sich rege an der Verdauung im Darm beteiligen. Die Verdauungsenzyme werden der Bauchspeicheldrüse bei der Pankreatitis zum Verhängnis: Das Organ beginnt sich selbst zu verdauen. 

Genau an diesem Punkt hat man jahrelang versucht therapeutisch einzugreifen. Unter dem Motto: Nimmt der Patient keine Nahrung zu sich, dann produziert die Bauchspeicheldrüse keine Verdauungsenzyme, und der Prozess der Selbstverdauung wird gestoppt. "Dieses Dogma der Nahrungskarenz ist gefallen, insbesondere bei der nekrotisierenden Pankreatitis, bei der die Spitalsaufenthalte naturgemäß länger sind. Heute versucht man diese Patienten möglichst rasch enteral zu ernähren". 

Im Gegensatz zur parenteralen Ernährung, die über eine Infusion direkt in die Blutbahn gelangt, wird die enterale Ernährung über Sonden unmittelbar in den Magen-Darm-Trakt gebracht. Der Vorteil gegenüber der Nulldiät: "Der Darm ist gefüllt. Das ist günstig, da es über einen leeren Darm zu vermehrten bakteriellen Infektionen kommen kann." Schmerzmittel und viel Flüssigkeit sind neben der künstlichen Ernährung ebenfalls Teil der Therapie. 

Die einzige kausale Therapie bei alkoholinduzierten Formen versteht sich von selbst. Allerdings schützt die Alkoholabstinenz nicht restlos vor einer Bauchspeicheldrüsenentzündung, denn in vielen Fällen zeichnen sich auch Gallensteine für diese Erkrankung verantwortlich. (derStandard.at, 24.10.2011)