Foto: Werk
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Ducati Monster 1100 Evo

Motor: Luftgekühlter 2 Zylinder-4-Takt-Motor in L-Form
Hubraum: 1078 ccm
Leistung: 73,5 kW (100 PS) bei 7.500 U/min
Drehmoment: 105 Nm bei 6.000 U/min
Kraftübertragung: Kette, Antihopping-Kupplung
Radaufhängung vorne: 43 mm Teleskop-Gabel
Radaufhängung hinten: Monofederbein
Bremse vorne: 2 Scheibenbremsen, Ø 320 mm, 4-Kolben, ABS
Bremse hinten: Scheibenbremse, Ø 245 mm, 2-Kolben, C-ABS
Reifen vorne: 120/70 ZR17
Reifen hinten: 180/55 ZR17
Gewicht trocken: 169 kg
Sitzhöhe: 810 mm
Preis: ab 13.500 Euro

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Dass ich noch einmal eine 1100-er Monster gutmütig nenne, war wirklich nicht zu erwarten. Was muss dieser Mann durchgemacht haben? Falsche Frage: Ich vermute, BLM will die 1100 Evo als Kuschelmonster positionieren. Warum sonst hat mir der Herr Niki die Streetfighter angeboten, als ich die Probewoche mit dem Monster um ein brüllend sonniges Wochenende vorziehen wollte und der muskulöse Klassiker noch nicht verfügbar war? Jene Streetfighter, die selbst der unerschrockene Herr glu als pure Brutalität bestaunt hat.

Nach 48 Stunden und 750 Kilometern Amour fou zwischen Glück und Beherrschung und dem Rausch der Maßlosigkeit (mehr dazu unter Schmecks) fühlt sich die Evo 1100 an wie ein Rendez-vous mit einer lieben, einer sehr lieben Freundin, die man seit vielen Jahren kennt, immer wieder ein bisschen aus den Augen verloren hat und doch immer wieder erfreut traf. Die man trotz ein paar modischer Überraschungen unverändert ungemein sexy findet, und aus Erfahrung weiß, wie man miteinander wunderbare Stunden verbringt. Auch wenn sie sich immer wieder neu anfühlt.

Schön klassisch, nie klassisch schön

Schön ist sie noch immer, die, wiewohl längst Klassiker, nie klassisch schön war. Obwohl ihr strahlendes Antlitz nun halbiert in die Welt schaut, den Unterteil des Scheinwerfers, quasi Nasenspitze und Kinn, abgeschnitten mit einem Metallstreifen. Sie wird schon wissen, wofür das gut sein soll. Schön auf ihre Art, auch mit den Gittern an den Flanken des Tanks und anderen kleinen Schönheitsoperationen am Monster.

Der dunkle Schopf eines Anfangdreißigers etwa verpasste nur knapp einen Lichtmast, als wir an ihm vorüberfuhren und er sich nicht recht trennen wollte vom Blickkontakt. Ein paar junge Damen schauten länger, als der Anstand empfiehlt. Sorry, Monoposto, und das bleibt wohl erst einmal auch so. Die Duc ist einfach viel, viel schöner mit der Sozius-Abdeckung.

Muskel zeigt sie und Sehnen, und doch ganz ohne Ambitionen auf Spitzensport. Zach fällt mir dazu ein. Und doch fährt sie sich leicht, wie ich ihre Vorgängerinnen kenne, leichter.

Ehret das Alter

Ja, sie zieht einen noch immer über den gut geformten, fast zwingend roten Tank. Und hält dazu an, der Straße und den Rest der Welt mit offenen Armen entgegenzukommen - ohnehin ein schönes Prinzip. Aber ein Stück bequemer fühlt sie sich an, gut so, wir werden ja alle nicht jünger, vielleicht, wenn man von runderneuerten Monstern absieht.

Das Alter ehret auch ihre Kupplung: Die Linke braucht weit weniger Kraft als bei den rasselnd-klassischen Trockenscheiben, um bei diesem Monster auf dem Weg zum Glück Hand anzulegen. Unvergessen sind die nach einem Tete-a-Tete mit Geschichte gewordenenen Modellen ihrer Art ohne ständige Übung zart schmerzenden Unterarme.

Viel Einsatz mit der linken Hand

Und sie braucht Einsatz mit der linken Hand: Auf niedrigen Touren gehalten, etwa beim vernunftbegabten Rollen durch Stadt und Pfarrgemeinde, ruckeln ihre zwei Zylinder mit den 100 Pferden ganz ordentlich durchs Gitterrohr. Für 1079 Kubikzentimeter in zwei Portionen wirkt die Evo im unteren Drehzahlbereich sehr beherrscht, wenn auch artgemäß ein bisschen unrund. Das heisere Bollern aus dem schicken Doppelauspuff im Schiebebetrieb signalisiert: Gibst du mir mehr, geb ich Dir Saures, wirst schon sehen, ob zu deiner Freude oder Furcht.

So kennen wir sie, so lieben wir sie: Mit ein bisschen mehr Treibstoff auf Touren gehalten, wird sie richtig fröhlich. Sie säuft nicht, keineswegs, aber unter dem gewohnten Pegel wirkt sie ein bisschen unglücklich. Dafür kann ihr Gusswerk über diesem Pegel wirklich auf den Putz hauen. Zum Beispiel in den wunderbaren Kurven und Kehren um den gleichnamigen Ort gleich bei Mariazell.

Somewhere over the Brembo

Sanfter wirkt auch die Verzögerung der Evo. Nicht alleine im Vergleich mit der Streetfighter, die so brutal bremst wie antritt, dass sich der Fidler nicht einmal schon somewhere over the brembo wähnte. Sanft, aber durchaus wirkungsvoll verzögert das große Monster. Wenn man es denn bremsen will.

Und wie rasch der Mensch, oder wenigstens der Fidler, vergisst (oder verdrängt), zeigt sich nach einer Woche mit dem neuen Monster: Da lässt die mit der Streetfighter auferlegte Beherrschung nach, da gibt sie Saures wie man ihr, da kommt ihr Ungestüm hervor, ganz wie wir sie lieben. Wie man am Gasgriff dreht, so schallt es heraus. Oder so. Die Kraft geht der 1100-er Evo schon nicht aus

Und wer denn erkennt, dass er doch ein Leben lang mit der unberechenbaren, immer ein bisschen unkontrollierten Kraft seiner Begleiterin ringen will und mit der eigenen Contenance im Umgang damit, kann ja noch immer zur Streetfighter greifen. Kostet halt ein schon merklich mehr Nerven und Geld*.