Das eigene Auto ist nach nüchternen Zahlen ein äußerst ineffizientes System: Jeder Pkw in Österreich parkt rund 23 Stunden täglich, ist also 96 Prozent der Zeit Steh-, nicht Fahrzeug. Fixkosten wie Steuern, Versicherung, Stellplatz, Pickerl oder Wertverlust fallen natürlich auch dann an. Und die schlucken acht von zehn ins Auto investierte Euro.

Laut Daten des ÖAMTC ist jeder Pkw in Österreich im Schnitt 13.500 Kilometer pro Jahr unterwegs. Schon unter 12.000 Kilometer würde günstiger aussteigen, wer seinen Wagen verkauft und eine Carsharing-Mitgliedschaft beantragt. So rechnet es zumindest der Verkehrsclub VCÖ vor. 

Das Potenzial für Carsharing, die gemeinschaftliche Nutzung von verschiedenen Fahrzeugen über einen Serviceanbieter, scheint also vorhanden. Es auszuschöpfen könnte direkt auf Kosten der rund 4,4 Millionen Kraftfahrzeuge gehen, die derzeit in Österreich zugelassen sind. Darauf deuten auch demografische Daten hin. In Deutschland etwa sank die Zahl der 18- bis 29-jährigen Autobesitzer zwischen 2000 und 2010 um mehr als ein Drittel. Gleichzeitig ergab eine Auswertung von Nutzerzahlen, dass 60 Prozent der deutschen Carsharing-Mitglieder zwischen 18 und 35 Jahren alt sind.

Ein teilöffentliches Verkehrsmittel

Anders als früher ist das Auto für viele junge, urbane Menschen nicht mehr das erste Statussymbol. Als Prestigeobjekte gelten ihnen heute weithin digitale Gadgets, der Pkw ist oft nur mehr ein nüchternes Instrument zur Fortbewegung. Auf sie ist Carsharing als eine Art teilöffentliches Verkehrsmittel zugeschnitten. Die Zielgruppe wohnt in Ballungsräumen, ist nur gelegentlich und für kurze Zeiträume auf einen Pkw angewiesen. Und sie begreift das Auto nicht mehr als Teil eines persönlichen Raums, sondern neben öffentlichem Nah- und Fernverkehr sowie Fahrrad als Baustein einer "kombinierten Mobilität".

Viele würden Carsharing auch als Alternative zum Zweitwagen nutzen, erklärt eine Mitarbeiterin von Denzel, "aber wer wie Pendler tagein tagaus auf das Auto angewiesen ist, für den ist es wahrscheinlich nicht das Richtige." Aus der Zielgruppe würden auch Bewohner ländlicher Gebiete fallen, da die Standorte dort wegen der geringen Auslastung meist nicht rentabel seien.

Von den Vorteilen …

Die Vorteile des Konzepts Carsharing sind offensichtlich: Um Reparaturen und Services kümmert sich der Anbieter, ebenso um Steuer- oder Versicherungsangelegenheiten. Die Reservierung ist 24 Stunden am Tag online oder telefonisch möglich und nach der Nutzung entfallen Parkplatzsuche und Parktickets, da jedes Auto seinen festen Stellplatz hat. Die automobilen Fixkosten reduzieren sich somit auf die Carsharing-Jahresgebühr. Der Monopolist Denzel Mobility Carsharing verrechnet dafür derzeit regulär 60 Euro (ermäßigt ab 29 Euro). Hinzu kommt ein Nutzungstarif, der je nach Tageszeit, Streckenlänge und Fahrzeugklasse variiert (40 Cent bis 4 Euro pro Stunde plus 25 bis 86 Cent pro Kilometer).

Zudem genießt Carsharing den Ruf eines ökologisch nachhaltigen Konzepts: Die Nutzer würden weniger sinnlose Kilometer herunterspulen – etwa für Kürzeststrecken –, weil das eigene Auto nicht mehr verlockend vor der Haustüre wartet. Dadurch würden laut Berechnungen von Denzel derzeit "nachweislich 55.000 Liter Treibstoff und 1.500 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart." Um dieses umweltbewusste Image zu fördern, setzten Anbieter weltweit verstärkt auf Elektroautos. In Österreich sind derzeit drei Exemplare am Wiener Westbahnhof entlehnbar, ab Herbst sollen es zehn sein.

Acht Privat-Pkws ersetzt ein Carsharing-Wagen laut einer Studie aus Deutschland, der Unternehmensberater Frost & Sullivan berechnet sogar ein Verhältnis von eins zu fünfzehn. Die wegfallenden Fahrzeuge könnten somit auch den chronischen Parkplatzmangel in den Innenstädten entschärfen.

… und Nachteilen des geteilten Autos

All die Vorzüge bleiben für manche Carsharer in der praktischen Umsetzung aber auf der Strecke. Es gibt Beschwerden über verdreckte Innenräume, Rauchgeruch und faustgroße Dellen in der Karosserie, weil viele Nutzer den fremden Besitz nicht so wertschätzen würden wie den eigenen. Beim Lokalaugenschein auf Österreichs größtem Stellplatz am Westbahnhof ist davon nicht viel zu bemerken. Einige Wagen haben kleinere Kratzer, die auch bei Privatautos nicht besonders auffallen würden. "Damit habe ich bis jetzt noch keine Probleme gehabt", sagt ein Teilnehmer, während er einen roten Mittelklassewagen per Chip aufschließt.

Verbesserungsvorschläge gibt es dennoch: Die Flexibilität könnte erhöht werden, wenn Autos auch an anderer Stelle als dem Abholort abgegeben werden könnten. Zwar gibt es solche Oneway-Konzepte vereinzelt in anderen Ländern, Denzel denkt eine solche Funktion laut Geschäftsführer Christof Fuchs aber nicht an. Die Rücküberstellung zum Abholort würde den logistischen Aufwand und in der Folge die Kosten sprengen.

Anders als das Privatauto kann ein Carsharing-Wagen auch nicht individuell ausgestattet werden. Kindersitze oder Schneeketten müssen bei Bedarf für jede Fahrt mitgebracht werden. Zudem bemängeln Nutzer, dass das benötigte Vehikel oft nicht parat stehe, wenn es kurzfristig darauf ankomme. Dem hält der deutsche Bundesverband Carsharing (BCS) entgegen: "Die Verfügbarkeit des gewünschten Autos zur gewünschten Zeit liegt bei über 90 Prozent." (Michael Matzenberger, derStandard.at, 7.9.2011)