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Also, so wirklich gedacht habe er sich nichts dabei, sagt Feuerwehrmann Anton Movia. "Sie hat mir einen Ausweis gezeigt, und dann hab ich ihr halt alles erzählt. Man will ja kooperieren mit den Botschaften."

Wikileaks

Was der Sekretär der Freiwilligen Feuerwehr des weststeirischen Bergdorfes Modriach vor einigen Jahren der angereisten US-Beamtin über die Firebrigade Modriach verraten hat, steht seit kurzem in den geheimen Akten bei Wikileaks - unter der "Reference ID: 6 Vienna 2936" im Kapitel "Post Shipment Verification: Freiwillige Feuerwehr Modriach", wie ein passionierter Wikileaks-Scanner vom steirischen Falter kürzlich entdeckte. Der Grund für das US-sicherheitsbehördliche Interesse an dieser 230 Einwohner zählenden - wie es die Homepage anpreist - "Idylle, ideal vor allem für Familien und Menschen, die Ruhe und Beschaulichkeit suchen"? Die dortige Freiwillige Feuerwehr hat etwas in ihrem Fundus, das die amerikanischen Sicherheitsdienste offensichtlich brennend interessierte: eine Infrarotkamera.
Sleepy little Alpine Village

"Sleepy little Alpine Village"

Offenbar damit dieses hochsensible Gerät nicht irgendwelchen Schläfern in den weststeirischen Schilcherweingärten in die Hände fällt, hielt eine US-Beamtin vor Jahren Nachschau in diesem - wie es in der Depesche heißt - "Sleepy little Alpine Village". Akribisch im Schulaufsatzformat dokumentierte die amerikanische Beamtin das Treffen mit dem Modriacher "Secretary Anton Movia", der sie in einer "friendly fashion" begrüßt habe, in allen Details. Stilprobe des Geheimdokuments: "... he grabbed a set of keys from his desk and they two walked out of his office and around to the back, where the fire brigade building stood. He unlocked the door where two fire trucks stood."

Und dann habe er es ihr gezeigt, das Infrarotgerät, das er aus einem "bigger truck" herausholte und das in einem schweren schwarzen Koffer verstaut war. Sie habe den Eindruck gehabt, Anton Movia sei "very proud" gewesen, so ein Supergerät für seine "Fire Brigade" zu haben.

Anton Movia erinnert sich im STANDARD-Gespräch: "Sie wollte, glaube ich, wissen, welche Type das Gerät ist. So genau kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Unsereiner denkt sich da ja nicht viel dabei. Weil wir haben die Kamera ja vom Landesfeuerwehrverband zur Verfügung gestellt bekommen. Wir brauchen sie bei einem Brandangriff oder einer Feuerbrandwache, damit man sehen kann, ob da noch ein Mensch drinnen ist, man sieht mit der Kamera ja die Umrisse."
"Völlig normale Kamera"

Das mysteriöse Modriacher Infrarotgerät

Laut Wikileaks-Depesche fragte die Beamtin, ob die Modriacher Feuerwehrleute denn wissen, dass es Restriktionen bei einem eventuellen Verkauf des Gerätes gebe, dass sie die Kamera nicht verkaufen oder gar exportieren dürften. Was laut US-Geheimdokument Feuerwehrmann Anton Movia mit dem Hinweis konterte, dass sie die Kamera ohnehin nicht verkaufen könnten, weil sie ihnen gar nicht gehört, sondern dem Landesfeuerwehrverband, der sie ihnen borgte. Sie benutzen sie ja nur. Und dann musste der Modriacher Feuerwehrmann noch genau erklären, wo sie die Kamera verstauten und wer sie benutzen dürfe. Warum dieses mysteriöse Modriacher Infrarotgerät dermaßen die amerikanischen Sicherheitsinteressen weckte, kann sich auch der Sprecher des Landesfeuerwehrkommandos Steiermark, Thomas Meier, nicht erklären. Es handle sich um eine "völlig normale Wärmebildkamera, wie sie überall eingesetzt wird". Jene, die im Visier der US-Behörden stand, sei noch dazu eine simple Schwarz-Weiß-Kamera gewesen, eine aus der ersten Generation.

Sie wurde von der österreichischen Firma Rosenbauer vertrieben und vom Feuerwehrkommando Steiermark aufgekauft. Meier: "Das Spezielle daran war vielleicht, dass eine US-Firma die Lizenz darauf hatte und wir eine Nutzungsbewilligung unterschreiben mussten."

Mit der Kamera könne man unter anderem Glutnester oder eben auch Menschen aufspüren. Meier: "Diese Geräte gibt es überall. Das ist für uns wirklich nichts Weltbewegendes." Wohl aber für die übervorsichtige US-Administration, die dafür eben sogar eine ihrer Beamtinnen extra ins weststeirische Weinland zu Special Investigations geschickt hatte. (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe, 2. Septmber 2011)