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Sonys HMZ-T1 zum Aufsetzen und Reinkippen

Foto: Berthold Stadler/dapd
Foto: derStandard.at/Zsolt Wilhelm
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Auf den ersten Blick erinnert es an ein Spielzeug aus den 1980ern oder an eine Requisite aus einem alten Sci-Fi-Film. Aufgesetzt verfliegt das hart angelernte Vorurteil: Das HMZ-T1 hat mit flimmernden Brillen-Displays der Vergangenheit nur noch das Halterungskonzept gemein. Nach Augenschmerzen verursachenden Anläufen wie Nintendos "Virtual Boy" scheint die Technologie 2011 soweit fortgeschritten zu sein, dass der aufgesetzte Ausblick in die virtuelle Realität rosig sein kann. Diesen Eindruck hinterließ Sonys auf der IFA vorgestelltes Head Mounted 3D-Display HMZ-T1 zumindest nach dem ersten Hands on - bzw. "Eyes on".

Generationensprung

Das Prinzip ist nicht neu: Führt man Bildschirme nahe genug an die Augen heran, können selbst kleine Panele wie Kinoleinwände erscheinen. Doch die Umsetzung birgt ihre Tücken, denn umso näher das Bild ist, desto schärfer und klarer muss es sein. Sonys Entwickler haben in die Vollen gegriffen und sich für zwei nur 0,7 Zoll kleine Screens entschieden, die auf der OLED-Technologie basieren. Diese verspricht einerseits hohe Kontraste und kräftige Farben und ist andererseits so reaktionsschnell, dass man sich über Schattenbilder und ähnliche Störungen bei raschen Bewegungen nicht mehr sorgen muss. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Schärfe. Jedes der winzigen Displays löst mit 2,8 Millionen Pixeln auf. Nur zum Vergleich: Der 3,5 Zoll große iPhone 4-Bildschirm misst rund 600.000 Pixel. Um Blu-rays und Spiele in Full-HD-Qualität wiederzugeben, werden für jedes Auge Bilder in 720p ausgegeben. Bei einem Abstand von wenigen Zentimetern wird so der Eindruck vermittelt, dass man vor einer im 20 Meter messenden Kinoleinwand sitzt. Mit dem Unterschied, dass keine anderen Zuseher rundherum ablenken.

3D, wie es sein sollte

Vereinnahmend wurde das Erlebnis im ersten Testlauf mit Blu-ray-Film und PlayStation 3-Spiel, weil Inhalte - im Gegensatz zu aktuellen Fernsehern und Kino-Technologien - auch in 3D lupenrein dargestellt werden. Zur Erzeugung der räumlichen Wahrnehmung müssen keine beeinträchtigenden Shutter-Brillen oder Polarisationsfilter zum Einsatz gebracht werden. Anstelle dessen sorgen die getrennt angesteuerten Mini-Screens selbst für den Effekt - flimmerfrei, flüssig und mit voller Farbkraft. Der Effekt ist im besten Sinne so unauffällig, das man nach den ersten Sekunden glaubt, 3D sei gar nicht aktiviert. Autos aus dem Rennspiel Gran Turismo 5 flitzen in absoluter Klarheit über das gigantische Sichtfeld, eine scheinbar meterhohe Sängerin betört mit ihrer fehlerfreien optischen Reproduktion fast mehr als mit ihrer Stimme. Es ist 3D, eine virtuelle Realität, wie sie sein sollte - ohne Kompromisse.

Designtechnische Limitierungen, einfach zu bedienen

Was für das Bild zutrifft, kann so allerdings nicht über das Design gesagt werden. Denn es ist immerhin ein gewaltiges Stück Technik, das vor die Augen montiert werden muss. Mit relativ geringem aber tatsächlich spürbarem Gewicht wird das HMD auf dem Kopf fixiert. Es drückt und zwickt nicht, "bequem" wäre allerdings der falsche Ausdruck. Die Bildjustierung ist dafür denkbar einfach. Mechanische Regler dienen zur Anpassung an den persönlichen Augenabstand, ein per Daumen bedienbares Menü lässt Einstellungen zu - sofern die Auto-Settings nicht so und so die richtigen Outputs für die jeweiligen Inputs wählen. Integrierte Kopfhörer bespielen die Ohren mit virtuellem 5.1-Surround-Sound und rangieren etwas bassschwach auf dem Niveau ordentlicher Headsets.

Angebunden

Die während des Probelaufs nicht gezeigte Basisstation "Media-Box" ist neben der Tatsache, dass es ein Solo-Erlebnis ist, der vielleicht größte Haken Medientraums. Denn das HMZ-T1 muss zur Signalausgabe und Stromversorgung per Kabel angebunden werden. Der digitale Zombielauf ist damit maximal im Kreis möglich. Die Station dient darüber hinaus als Schnittstelle zu Medienquellen wie Blu-ray-Player, Videokamera, Smartphone oder PlayStation 3.

Ein Blick in die Zukunft

Sonys HMZ-T1 ist ganz klar noch kein Produkt für den Massenmarkt. Dafür ist der Preis von 799 Euro wohl zu hoch, um die neue Technologie für Spontankäufer attraktiv zu machen. Gamer und Cineasten sollten es aber in jedem Fall im Auge behalten. Ab Ende November wird sich dann zeigen, ob die eindrucksvolle Technologie Fuß fassen kann und wie viel den Konsumenten ein Blick in die virtuelle Zukunft wert ist. (Zsolt Wilhelm aus Berlin, derStandard.at, 1.9.2011)