Den Suizid-Monolog Sarah Kanes, "4.48 Psychosis", hat Sabine Mitterecker auf vier Stimmen aufgeteilt.

Foto: Landetheater Linz
Die einzige musikalische Intervention im Laufe atemloser, beklemmender fünfzig Minuten kommt von den Schauspielerinnen selbst: Spiel mir das Lied vom Tod, verhalten gepfiffen - der harte Griff nach dem eigenen Leben und zugleich seine ironische Verdrehung.

Sarah Kane verdichtete in ihrem letzten Stück "4.48 Psychosis" das Gedanken- und Empfindungsstakkato, das sie während eines Klinikaufenthaltes überfiel, zu einem scharf sezierenden und poetischen Text.

Jeden Morgen wachte sie um 4.48 Uhr auf: ein "Moment, in dem die Klarheit kommt", dass ihre Psychose unweigerlich in den Freitod führen muss. Nicht, ohne sich zuvor auch mit den äußeren Ursachen auseinander zu setzen. Regisseurin Sabine Mitterecker lässt die kurz vor dem Suizid stehende Frau gleich mehrfach aus sich heraustreten, teilt sie auf vier Identitäten auf, die miteinander, aber auch mit dem Publikum kommunizieren. Und signalisiert damit wohl auch, dass der Monolog keinesfalls nur Angelegenheit einer individuell inhaftierten Psychose ist.

Auf der klaren, in Grautönen gehaltenen Bühne von NöTKER entfalten Bettina Buchholz, Silvia Glogner, Marianne Hamre und Sigrun Schneggenburger die ganze Spannweite zwischen emotionalen Ausbrüchen, scharfer Anklage, scheinbarer Gleichmut, Verletzungen, Ironie und leisen, hoffnungsvollen Anklängen. Eine grandiose Aufführung. (kann/DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2003)