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Otto Habsburg vor seiner privaten "Ahnengalerie"

Foto: dpa/Matthias Schrader

Der Klubobmann der SPÖ spricht in seinem Kommentar ("Habsburg auf dem hohen Ross", 21. 5.) von einem "respektlosen Ansinnen" "der Habsburger".

Ich möchte meiner Antwort zunächst einen kleinen Exkurs voranstellen, für den wir das weltweite Hirn des "Blechtrottels" zu Rate ziehen: Wir geben das Wort "Habsburg" in die Übersetzungsmaschine ein und bekommen die genaue Erklärung dieses Wortes - nämlich "having castle", was so viel heißt wie "die ein Schloss haben". Und so wie das Valle de Aosta Eigentum der Familie Aosta war, so gehen auch noch die Namen aller alle deutschen Länder auf die ihrer Dynastien zurück: Sachsen, Schlesien, Bayern, Hannover, Baden, Württemberg, Lothringen ... Wir lernen: In Zentraleuropa gab es eine Zeit, da ein Land einen Besitzer hatte, der diesem Land seinen Namen gab.

Interessanterweise fand vor kurzem ein Referendum in einem europäischen Lande statt, das den Namen seiner Eigentümer trägt. Es ist mit Freude zu vermerken, dass sich die kulturbewussten Liechtensteiner weder ihren Souverän noch den Namen des Landes wegnehmen ließen. Und hier zu Lande? Man kennt "Österreich", "Austria" oder "Rakousko", nicht aber - als Land - Habsburg-Lothringen. Hingegen gibt es sehr wohl das "Haus Österreich" und dessen Mitglieder. - Doch zurück zu Caps Vorwurf - und der historischen Wahrheit.

Chronologie ...

Franz von Lothringen hatte große Schulden seiner Familie aufzulösen und kannte daher die fatale Wirkung der "Schuldenfalle". Mit Geldern der Medicis aus der Toskana kaufte er die Liegenschaften des Familienfonds - die Kaufverträge liegen nachweisbar vor -, und erwarb im Reich seiner Frau Besitzungen, damit seine kaiserliche Deszendenz nicht in Spekulationsgeschäfte verwickelt wird und er ein redliches Leben führen konnte - wie alle Menschen, die von den Früchten der Erde ihr Auskommen fanden.

Im Jahr 1919 passiert dann laut Herrn Cap - "endlich"! - etwas Heilsames für Österreich: Es zerbricht die Monarchie. Das Land Österreich verliert eine moralische Instanz. Die gewachsene Gesellschaft wird enthauptet. Ein Kaiser, als Zentrum eines Zugehörigkeitsgefühls, geht den Völkern verloren. Das soziale Relief verarmt. Der Rumpf des Verwaltungsapparates übernimmt die Repräsentation des Landes. Einige Mitglieder des Hauses Österreich von Rang verließen das Land und gingen ins Exil, andere hingegen verzichteten auf Titel und Thronfolge, um der 650 Jahre alten, lieb gewonnenen Heimat treu zu bleiben.

Diese beherzten Bürger und Steuerzahler der Alpenrepublik mit dem Namen Habsburg-Lothringen befassten sich ab 1919 damit, ihre mehr als 1000 verbliebenen Getreuen abzusolden und in die Sozialfürsorge einzukaufen. Aber gerade die Tatsache, dass sich Österreich unter Kanzler Schuschnigg mit seiner Geschichte auf eine legal tragbare Basis stellen wollte und den Familienfonds an das Erzhaus restituierte, war einigen nicht recht, und wiederum wurde der Versuch, die Geschichte Österreichs zu wahren, durch den Größenwahn des Herrn aus Braunau vernichtet. Man lese in "Mein Kampf" nach, was der Autor über Habsburg- Lothringen schreibt. Es braucht nur wenige Monate, und die Vorzugsschüler der neuen Herren der Nazi-Partei versuchen sich bei ihrem "Führer" beliebt zu machen und vereiteln die Restitution in den Grundbüchern, wie es so schön in der Wiener Zeitung vom 14. März 1939 nachzulesen ist.

... einer Entrechtung

Zur Information der so oft politisch gefärbten Berichten ausgesetzten Leser sei gesagt, dass das 1919 beschlossene Habsburgergesetz im Verfassungsrang steht, die Wiederherstellung des Familienfonds hingegen - gemäß des Gesetzes von 1935 - ein einfaches Gesetz und daher vom Verfassungsüberleitungsgesetz nicht betroffen ist. In Nürnberg wird ein Österreicher zum Tode verurteilt, es entsteht ein neuer Staat Österreich und ab nun wird parteipolitisch regiert.

Herr Cap betreibt einerseits Mobbing gegen eine Familie, anderseits, indem er über "die Habsburger" schreibt, Sippenhaftung, weil er damit Mitbürgern mit dem Familiennamen Habsburg-Lothringen ein "Eigentlich sind wir Nazi-Opfer" in den Mund legt. Es wäre an der Zeit, dass einige Herrn der SPÖ nachlesen, was der Reichsführer SS in der schriftlichen Weisung an den Chef der Sicherheitspolizei und des SS Gruppenführers Heydrich am 16 September 1941 schreibt: "Lieber Kamerad Heydrich! Anlässlich meines letzten Vortrages bei Reichsführer SS vom 16-09-1941 hat Reichsführer SS entschieden, dass sämtliche Angehörige der ehemaligen Habsburger Dynastie einschließlich aller Seitenlinien für beschlagnahmte Vermögenswerte unter keinen Umständen entschädigt werden dürfen. Diese Entscheidung Reichsführer SS beruht auf einer persönlichen Anordnung des Führers."

Auch ist es die - vielleicht doch etwas braun gefärbte - SPÖ, die in letzter Minute noch den Paragrafen 10 in den Staatsvertrag einbringt.

Nun gehören die wenigsten Habsburg-Lothringen dem mosaischen Glauben an und können deshalb den Juden nicht gleichgesetzt werden. Dennoch sind die Habsburg- Lothringen eine österreichische Familie, die auch unter den Nazis gelitten haben, und einige davon sind/waren von der Nazienteignung bzw. Zwangsverwaltung voll betroffen.

Nicht nur Herr Cap, sondern alle Mitglieder der Parteien sollten sich an die Worte des Bundeskanzlers Raab erinnern, als er am 11. Februar bekannt gibt, dass es gemäß Artikel 26 des Österreichischen Staatsvertrages von 1955 die Verpflichtung der wiedergeschaffenen Republik Österreich ist, von den Nazis geraubte Vermögenschaften wie z.B. den Familienversorgungsfonds der Familie Habsburg- Lothringen zu restituieren. "Durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen wurde, wie nachweislich bekannt, im Jahr 1939 durch ein Gesetz der Familienversorgungsfonds der Familie Habsburg-Lothringen aufgelöst und dessen Vermögen eingezogen. Es ist also nicht nur unsere moralische Pflicht sondern eine rechtliche Verpflichtung, diesen Familienversorgungsfonds wiederherzustellen. Unter dem Vermögen der Familie Habsburg-Lothringen, das heute zu Unrecht die Republik verwaltet, befindet sich auch das seiner Herkunft nach erweislich frei eigen erworbene Privatvermögen des Familienversorgungsfonds der Familie Habsburg-Lothringen."

Diskriminierung

Es liegt nun am Willen der Parteien, den Artikel II des Gesetzes BGBl 88, Nummer 390/ 1973, vom 3. Juli 1973 - der im Widerspruch zu den Menschenrechtsgesetzen steht - zu streichen, damit die Träger des Namens Habsburg-Lothringen keinem abstammungsmäßigen Ungleichheitsgebot oder demokratischer Diskriminierung unterliegen. Alle Beteiligten dieses Landes sollten sich "endlich" darauf besinnen, dass Tradition nicht die Verehrung der Asche ist, sondern der Erhalt der demokratischen Flamme. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2003)