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Der neue Premier in Demutshaltung.

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Der neue Ministerpräsident Yoshihiko Noda.

Foto: Koji Sasahara/AP/dapd

Japan vollzieht einen politischen Generationswechsel. Mit 54 Jahren ist Japans bisheriger Finanzminister und neuer Premier Yoshihiko Noda einer der jüngsten der 95 Regierungschefs, die das Land seit der Einrichtung des Amts im Jahr 1885 gesehen hat.

Am Montag hat er sich in den Präsidentschaftswahlen der regierenden Demokratischen Partei Japans (DPJ) mit 55 Prozent der 398 stimmberechtigten Parlamentarier gegen Wirtschaftsminister Banri Kaieda durchgesetzt. Heute, Dienstag, wird das Unterhaus ihn zum Nachfolger von Regierungschef Naoto Kan wählen.

Notwendig wurde die Wahl, weil ein Machtkampf zwischen den alten Herren der Partei nach nur 15 Monaten Premier Kan gestürzt hat. Noda steht nun vor großen Herausforderungen. Er muss nicht nur die tiefen Spaltungen in seiner Partei, sondern gleichzeitig auch den Widerstand der Opposition überwinden, die mit ihrer Mehrheit im Oberhaus Gesetze blockiert. Nur so kann das Land eine Reihe von Jahrhundertreformen angehen, an denen in den letzten fünf Jahren schon fünf Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteien gescheitert sind.

Das mit 200 Prozent der Wirtschaftskraft verschuldete Land muss seinen Staatshaushalt sanieren, das Steuersystem und vor allem die Sozialkassen reformieren, die politische Macht dezentralisieren und die Wirtschaft deregulieren. Und als ob das nicht reichte, muss das Land zusätzlich den Nordosten nach einer Erdbebenkatastrophe wieder aufbauen, die Katastrophe in Fukushima eindämmen und seine gesamte Energiestrategie neu ausrichten.

Schafft der Jungstar der DPJ das? Seine Startbedingungen sind schlecht. Denn Noda hat weder Rückhalt in der Bevölkerung noch ein starkes Reformmandat der eigenen Partei. Laut Umfrage der Zeitung Yomiuri bevorzugten 48 Prozent der Wähler Seiji Maehara für das Amt, während Noda hinter Kaieda mit neun Prozent nur auf den dritten Platz in der Publikumsgunst kam.

Dennoch haben mehrere Parteiflügel für ihn gestimmt. Denn sie wollten dem verehrten wie verhassten Schattenherrscher der DPJ, Ichiro Ozawa, den Zugriff auf die Macht durch dessen Handlanger Kaieda verweigern und gleichzeitig die Partei zusammenhalten. "Mit Maehara an der Spitze würde sich die Partei spalten" , unkt ein DPJ-Insider. Noda ist zwar wie Maehara auch gegen Ozawa, aber gilt als kompromissbereiter.

Ärger mit China

Noda hat angekündigt, die Partei zu einen. Dafür müsste er Schlüsselpositionen an Ozawas-Leute verteilen. Gleichzeitig will Noda die Opposition in eine große Koalition locken, um Japan eine stabile Regierung zu geben. Aber diese hat bereits angekündigt, nur in Einzelfragen zusammenzuarbeiten. Außenpolitisch könnte Noda zu Reibereien mit China und Südkorea führen. Er ist in der Vergangenheit zum Yasukuni-Schrein gegangen, der in Asien als Symbol japanischen Imperialismus‘ gilt. (Martin Koelling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe, 30.8.2011)