Wenn vom Gumpeneck die Rede ist, gibt es nur Lob. Der wie eine Pyramide zum Himmel aufragende Zipf am Eingang zu den Sölktälern wird zwar an Höhe von mehreren Gipfeln in der Umgebung übertroffen, nicht aber an Schönheit und Romantik. Die bekannte Alpinautorin Liselotte Buchenauer bezeichnete ihn als einen der schönsten Wander- und Skiberge der Steiermark, Erzherzog Johann erkor ihn sogar öfter zum Ziel seiner Wanderungen. "Um den moralischen Unflath abzulegen, den man in der großen Welt leider erhält", schrieb er in seinem Tagebuch. Er ließ auf der Gumpenalm sogar einen Tanzboden errichten, den er häufig frequentierte. So berichten es jedenfalls die Chronisten. Es ist anzunehmen, dass er sich an der herrlichen Aussicht erfreute, denn das Gumpeneck wird immer noch der herrlichen Rundsicht von seinem höchsten Punkt wegen aufgesucht.
Die fast am Rande des Gebirgszugs der Niederen Tauern liegende Erhebung beschert nicht nur ungehinderte Sicht zu den benachbarten Gipfeln, man genießt den Tiefblick in das Große und Kleine Sölktal mit den auffälligen Marmorsteinbrüchen. Und man hat einen der schönsten und markantesten Abschnitte der nördlichen Kalkalpen direkt vor der Nase. Vom Toten Gebirge über den herausragenden und gefährlichen Grimming - den man einst für den höchsten Berg der Grünen Mark hielt - bis zum königlichen Dachstein reicht der Blick, der Kontrast zwischen den weißen Kalkfelsen und dem dunklen Gestein der Niederen Tauern entzückt immer wieder. Angeblich sind vom Gipfel nicht weniger als dreizehn Kirchtürme zu sehen, nachzuzählen allerdings lohnt nur bei klarem Wetter.
Kleine Lacken und Tümpel unterbrechen das Grün der Matten und Almen, diesen kleinen Gewässern, die früher Gumpen genannt wurden, verdankt der Berg auch seinen Namen. Die alpine Flora lässt keinen Wunsch offen, Almrausch und Wollgräser erhöhen die Buntheit der Landschaft, die im 270 Quadratkilometer großen Naturpark Sölktäler besonders geschützt ist. Gar nicht so selten kann man in der Region den Steinadler beobachten, der in einsamen Wänden brütet und auf seinen Beutezügen mitunter bis zu hundert Kilometer zurücklegt.
Die Besteigung des Gumpenecks bereitet - halbwegs gutes Wetter vorausgesetzt - kaum Schwierigkeiten. Auf der ganzen Runde fehlen extrem steile Abschnitte und ausgesetzte Passagen. Voraussetzung für den vollen Genuss an dieser Tour ist halbwegs gutes Wetter. In den frühen 1990er-Jahren verwüstete ein Gewitter mit orkanartigen Stürmen die höhergelegene Region und richtete beträchtliche Schäden an. Auf dem Weg zur Schönwetterhütte - die damals ihrem Namen nicht gerecht wurde - konnte man die Spuren der Katastrophe noch lange sehen. Das Gumpeneck und seine Nachbargipfel, in vielen Beschreibungen als idyllisch und lieblich eingestuft, zeigen sich mitunter auch von ihrer schlechten Seite.
Die Route: Knapp vor Großsölk an der Straße von Stein an der Enns zum Sölkpass zweigt nach Osten ein Güterweg ab, auf dem man bis zum 1040 m hoch gelegenen Parkplatz unterhalb des Bauernhofs Koller fährt. Auf der roten Markierung steigt man zuerst auf einer Forststraße, dann auf einem Steig in etwa 1¼ Stunden zur Schönwetterhütte auf. Über eine relativ steile Alm geht es weiter auf eine Hochfläche, dort hält man sich rechts und erreicht über das Salzleck einen Rücken mit dem Blockfeldspitz, über den man zum Gipfel aufsteigt. Gehzeit ab Schönwetterhütte 2½ Stunden.
Auf der Anstiegsroute zurück und dann rechts hinunter - alles rot markiert - in das Kar, durch das man wieder die Anstiegsroute erreicht. Auf dieser geht es über die Schönwetterhütte zum Parkplatz. Bis zur Hütte braucht man 1½ Stunden, eine weitere Dreiviertelstunde zum Ausgangspunkt. (Bernd Orfer/DER STANDARD/Printausgabe/27.08.2011)