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Noch haben uns die Agenturen nicht mit aktuellen Fotos versorgt. Aber das Treffen der Welt-Notenbanker findet jedes Jahr in Jackson Hole statt. Auch wenn man ob der Stimmung des Bildes nicht darauf schließen möchte, es wurde 2007 aufgenommen. Zu einer Zeit als noch alles eher gut war.

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Auch mit dabei in der Berg-Idylle Wyomings ist EZB-Chef Jean-Claude Trichet (das Bild ist aus dem Vorjahr).

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Dort, wo sich Trapper und Cowboys - wenn mittlerweile auch mehr aus touristischen Gründen - Gute Nacht sagen, trifft sich seit Donnerstag die geballte geldpolitische Macht der Welt. Auf Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming richten sich derzeit die Augen der Investoren gleichermaßen wie jene der Politik, kommen hier in den Rocky Mountains doch internationale Notenbanker zu ihrem jährlichen Termin zusammen.

Es sind stürmische Zeiten für ein Treffen wie dieses. Die Märkte spielten in den letzten Wochen verrückt, Anleger verkauften in Scharen ihre Aktienpakete und flüchteten in vermeintlich sichere Häfen wie Gold. Rezessionsängste plagen die Länder dies- wie jenseits des Atlantiks, miese Konjunkturdaten und alles andere als rosige Aussichten für die Zukunft machen aus Investoren aufgescheuchte Henderl. Ganz zu schweigen von den immensen Schuldenbergen, die die Eurozone arg ins Wanken bringen. Selbst die USA kämpfen mit ihren massiven Staatsschulden und verlieren teils sogar ihre Bonitäts-Bestnoten bei den Ratingagenturen. Auch bei den Banken ist einiges im Argen - die zumindest kurz vorüber geglaubte Vertrauenskrise ist wieder voll da. Alles in allem also ein recht ungemütliches Umfeld.

Umso mehr harren nun nicht nur die Finanzmärkte der Aussagen von US-Notenbank-Chef Ben Bernanke. Der mächtigste Notenbanker der Welt gilt als Pionier, was den weiteren geldpolitischen Weg angeht. Heute Freitag soll "Helicopter Ben" eine Grundsatzrede halten, auf die nun alle warten. Die Finanzmärkte wollen jedenfalls klare Signale, wie der Weg aus der Krise aussehen soll. Ein paar wankelmütige und vage Rauchzeichen werden ihnen wohl nicht mehr reichen. Die zentrale Frage dabei ist sicherlich: Kommt eine neue Runde von Staatsanleihenkäufen (QE3) oder nicht?

"Brot und Spiele"

Vor genau einem Jahr hat sich die Fed zu einem zweiten Quantitative Easing (QE2) entschlossen, das erste gab es kurz nach Ausbruch der Finanzkrise im November 2008. Die Märkte haben diesen Schritt sehr positiv aufgenommen - zumindest kurzfristig. Im Juni 2011 lief QE2 nun aus, 600 Milliarden Dollar hat die Fed in die Hand genommen, um Bonds aufzukaufen. Ob Bernanke nun erneut die QE-Keule auspackt, darüber sind sich Marktbeobachter alles andere als einig. Von "Brot und Spiele" ist da die Rede, aber auch davon, dass Bernanke nicht zuletzt innerhalb des Offenmarktausschusses der Fed nicht alle Stimmberechtigten hinter sich hatte. Schon bei der Ansage Bernankes, den US-Leitzins bis mindestens 2013 bei quasi Null zu belassen, handelte sich der Fed-Chef den Widerstand dreier von zehn Notenbankern ein. Ein Umstand, den es seit gut 20 Jahren nicht mehr gab. Im Falle einer Inflation hat die Fed außerdem keinerlei Möglichkeiten mehr, an der Zinsschraube zu drehen, und damit für Entspannung zu sorgen.

Der weitere Ankauf von Staatsanleihen QE3 wird zwar wahrscheinlich die Märkte beruhigen, einen durchschlagenden Erfolg auf die Wirtschaft sehen viele Ökonomen und Markteilnehmer aber nicht wirklich. QE2 habe die "Pferde nicht zum Saufen" gebracht, meinte ein Analyst unlängst. Was er damit sagen will: Der US-amerikanischen Wirtschaft hat die Fed-Politik nicht wirklich auf die Beine geholfen.

Mag das Anwerfen der Notenpresse - nichts anderes ist Quantitative Easing - vielleicht für die USA wenigstens ein kleines Pflaster auf der akut neu aufreißenden Rezenssionswunde sein, außerhalb der Vereinigten Staaten sorgt es jedenfalls für negative Folgen. Gerade in den Schwellenländern treibt eine Dollarschwemme die Währungen und nötigt Notenbanken zum Eingreifen. Probleme, die man aber auch in der Schweiz oder in Japan beobachten kann - Franken und Yen werteten soweit auf, dass für die ansässige Wirtschaft reale Gefahren bestehen, die Notenbanken intervenieren.

Erinnerungen an Lehman

Marktteilnehmer fühlen sich in der derzeitigen Gemengelage frappierend an die Zeiten kurz vor und während des Lehman-Crashes erinnert. Daran sind nicht nur die Abstürze der Weltbörsen schuld, sondern eben auch die anstehenden Entscheidungen der Notenbanken und die darauf ruhenden Hoffnungen der Märkte. Denn auch der Europäischen Zentralbank (EZB) kommt eine gewichtige Rolle innerhalb des geldpolitischen Gefüges zu, auch sie muss auf die aktuellen Geschehnisse an den Börsen und auf die konjunkturellen Unsicherheiten eingehen. Im Frühling war es die EZB, die als einzige Notenbank ihren Leitzins nach oben schraubte. Wird sie diesen nun angesichts der prekären Lage wieder senken? Experten glauben eher nicht, befürchten aber gleichzeitig, dass sich damit die Geschichte wiederholt, die EZB letztlich den Entscheidungen anderer Notenbanken nachlaufen wird müssen. In Jackson Hole werden Jean-Claude Trichet und weitere EZB-Notenbanker jedenfalls genau zuhören, was Herr Bernanke zu sagen hat.

Die Richtschnur für die EZB ist und bleibt die Fed. In ihrer Instrumenten-Kiste hat sie mittlerweile nicht mehr viel zum Kramen. Der Leitzins ist am untersten Ende, hinter einem weiteren Quantitative Easing steht ein fettes Fragezeichen, wenn es um dessen Wirkungskraft geht. Ein außergewöhnliches Werkzeug wäre zum Beispiel ein Negativ-Zinssatz. Banken würden dabei quasi Strafzinsen bezahlen, um ihr Geld bei der Fed zu parken. Bisher wurde dies international nur äußerst selten praktiziert.

Zahlreiche Beobachter glauben auch, dass die Fed sich vielleicht auf einen "Operation Twist" einlassen könnte. Das wäre ein gangbarerer Kompromiss für die QE-Gegner, lautet die einhellige Meinung. Dabei werden auslaufende Anleihen mit Bonds längerer Laufzeiten ersetzt. Das würde wiederum das Zinsniveau am langen Ende weiter reduzieren. Dabei besteht die Gefahr, dass langfristige Anleihen nur noch etwas mehr, wenn nicht sogar weniger abwerfen, als kurzfristige Papiere.

Alles in allem besteht die Gefahr, dass sich die Fed ihr eigenes Grab schaufelt. Dass sie den Karren nicht selbst an die Wand fahren, bzw. sich als Spielball der Märkte an die Wand spielen lassen, diese Gratwanderung müssen Bernanke und seine Mannen bestehen.

Neue Wirtschaftstheorie in Lindau

Vielleicht kommen die wirklich wichtigen Beschlüsse auch gar nicht aus den Rocky Mountains, sondern aus dem beschaulichen Lindau am Bodensee. Zeitgleich mit den Notenbankern, treffen sich im bayerischen Städtchen nämlich 17 der 38 noch lebenden Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, weitere prominente Ökonomen sowie gut 400 Nachwuchswissenschafter. Über die Zukunft der Weltwirtschaft wollen sie debattieren. Die Teilnehmer dürfen sich dabei nicht schonen, herrscht doch die Meinung vor, dass durchaus auch ihre makroökonomischen Modelle zum großen Teil an der Krise schuld seien. Der Ökonom Joseph Stiglitz - der eine Neuauflage des staatlichen US-Ausgabenprogramms fordert - hat außerdem angekündigt, eine neue Wirtschaftstheorie vorzustellen, "die wirklich funktioniert". (Daniela Rom, derStandard.at, 25.8.2011)