Frankfurt/Main - Europäische Banken und China haben einen beträchtlichen Teil ihrer Devisen in Staatsanleihen von Euro-Ländern investiert. Sie zweifeln aber weiter an den bisher gesetzten Schritten der Eurozone, um der Staatsschuldenkrise zu begegnen. Die Defizitproblematik wirkt sich zunehmend auf den Finanzsektor aus. Nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) nimmt das Misstrauen der Banken untereinander zu: "Banken in bestimmten Regionen des Euro-Gebiets bevorzugen es, ihre überschüssige Liquidität bei der EZB zu deponieren, anstatt sie an andere Banken auszuleihen", sagte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark dem "Handelsblatt" (Montag): "Dieses Signal nehmen wir ernst."

Als Beleg für die Unsicherheit an den Finanzmärkten gelten die wieder wachsenden Summen, die die Privatbanken über Nacht bei der EZB parken, statt sie anderen Instituten zu leihen. Am Freitag hatten die Banken 90,523 Mrd. Euro bei der Notenbank gelagert, am vergangenen Donnerstag 82,194 Mrd. Euro. Das Volumen liegt aber noch deutlich unter dem Jahreshöchstwert von etwa 145 Mrd. Euro, der Anfang August erreicht wurde.

Noch sei die Lage nicht vergleichbar mit der Situation im Herbst 2008, betonte Stark. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers war damals der sogenannte Interbankenhandel, über den sich die Geldhäuser untereinander mit Liquidität versorgen, in eine Schockstarre gefallen. Dem Bericht zufolge lagen zeitweise 200 Mrd. Euro im EZB-Depot.

Chinesische Staatspresse fordert Reformen von Euro-Zone

Angesichts der Schuldenkrise hat auch China die Länder der Euro-Zone zu wirtschaftlichen Reformen und vertrauensbildenden Maßnahmen aufgefordert. Die "Volkszeitung", offizielles Organ der regierenden Kommunistischen Partei, kritisierte am Montag die europäischen Haushaltsdefizite. Die Euro-Zone müsse ihre Institutionen reformieren, "die ihre wirtschaftliche Entwicklung lähmen", und im Interesse der Finanzstabilität und in ihren internationalen Wirtschaftsbeziehungen "auf verantwortliche Weise handeln".

"Die Euro-Zone muss konkrete Maßnahmen ergreifen, um das Vertrauen der Märkte in die Euro-Zone und in den Euro wiederherzustellen", hieß es in der "Volkszeitung". Am Donnerstag ist der französische Präsident Nicolas Sarkozy in Peking. Bei einem Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Hu Jintao wird auch die aktuelle Schuldenkrise Thema sein.

Chinesische Regierungsmitglieder haben mehrfach ihr Vertrauen in die Euro-Länder bekräftigt. Das Land hat einen wachsenden Teil seiner Devisen in Staatsanleihen von Euro-Ländern investiert. Europäische Länder zählen zu den wichtigsten Abnehmern chinesischer Waren, ein starker Euro ist deshalb in Chinas Interesse. "Ein Rückgang der Nachfrage wegen der europäischen Schuldenkrise hätte langfristige Auswirkungen auf Chinas Realwirtschaft", hieß es in dem Artikel der "Volkszeitung".

Preise von Kreditausfallsversicherungen steigen wieder

Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen gegen die Euro-Schuldenkrise haben am Montag die Kosten für Kreditausfallversicherungen (CDS) südeuropäischer Länder steigen lassen. So verteuerte sich die Versicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets griechischer Staatsanleihen um 71.000 auf zwei Millionen Euro. Für portugiesische Anleihen stiegen die Kosten um 39.000 auf 935.000 Euro. Auch CDS für italienische und spanische Anleihen verteuerten sich. (APA/Reuters/red)