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Ein Palästinenser kehrt in sein Haus in Gaza zurück, das im Zuge eines israelischen Luftangriffes beschädigt wurde.

Foto: Reuters/Salem

Die Terroranschläge vom Donnerstag haben die Menschen in Israel aus dem bisher eher ruhigen Sommer aufgeschreckt. Aber auch wenn jetzt viele verunsichert darüber sind, wie es weitergehen soll, nimmt das Leben hier schnell wieder seinen gewohnten Lauf: Wie an jedem anderen Tag schlendern Tausende durch Jerusalem. Auffällig ist bloß eine Spezialeinheit der Polizei, die in der Fußgängerzone mit Schäferhunden nach Sprengstoff sucht.

Auch in Eilat, an der Südspitze Israels, will sich vorerst niemand aus der Ruhe bringen lassen. "Alles ist völlig normal hier. Touristen kommen, entspannen sich und gehen einkaufen" , erklärt ein Hotelier im Urlaubsort. Nur 30 Kilometer weiter nördlich wurde einen Tag zuvor noch geschossen.

"Es ist ein unangenehmes Gefühl, hier einzusteigen" , erklärt hingegen ein junger Soldat, der am Freitagmorgen in Jerusalem auf den Bus nach Eilat wartet. "Aber das ist Israel. Wir können damit umgehen." Eine junge Frau, die ihren Freund in Eilat besuchen will, fühlt sich zwar sicher. "Aber ich glaube, dass ab jetzt wieder alles schlimmer wird."

Vor wenigen Tagen drehte sich die politische Diskussion in Israel noch um die Protestbewegung in den Zeltlagern und die palästinensische Staatsausrufungspläne bei der Uno im September. Doch nun fokussiert sich alles auf Gaza und Ägypten. Schon kurz nach den Anschlägen erklärte der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak, die Ursache für die Terroranschläge sei in Gaza zu finden und Israel werde "mit voller Kraft dagegen vorgehen" . Stunden später begannen dann israelische Luftangriffe, dabei wurden in Rafah, im Süden des Gazastreifens, die vermeintlichen Drahtzieher getötet.

Auch wenn Netanjahu nach dem Luftangriffen triumphierend erklärte, dass die Täter "nun nicht mehr am Leben sind" , scheint zumindest für Experten weiterhin unklar, wer wirklich hinter den Anschlägen steckt. "Bis jetzt hat sich noch keine Gruppierung verantwortlich erklärt. Für eine klare Aussage über die Täter ist es einfach noch zu früh" , meint Nathan Thrall, Gaza-Experte bei der International Crisis Group.

Angst im Gazastreifen

Die Gaza-Bevölkerung stellt sich unterdessen auf einen längeren Konflikt ein. "Die Leute hier haben Angst, dass die Luftschläge weitergehen. Aber wir sind das schon gewohnt" , erklärt der ehemalige palästinensische Transportminister, Saad Edin Kharma, am Telefon aus Gaza-Stadt.

Während die Gewalt auch am Freitag weitergeht, diskutieren die Medien über mögliche Ursachen für die Anschläge. In der Freitagsausgabe der Haaretz macht ein Artikel das "Vakuum am Sinai" dafür mitverantwortlich, dass die Anschläge überhaupt passieren konnten. Die Südgrenze Israels zu Ägypten gilt als relativ unsicher, besonders seitdem Beduinenstämme die Kontrolle über weite Teile der Sinai-Halbinsel übernommen haben.

Auch Yehuda Ben Meir, Kodirektor des israelischen Institute for National Security Studies, sieht das Hauptproblem in Ägypten begründet. "Die Sicherung der Südgrenze ist jetzt die strategische Hauptaufgabe. Auch wegen der Tunnel, durch die die Terroristen problemlos aus dem Gazastreifen nach Ägypten gelangen können, muss die Sicherheit am Sinai wiederhergestellt werden" , sagt er. In dem Zusammenhang könnte bald auch der Bau der Sperrmauer, die im Süden hauptsächlich afrikanische Einwanderer abhalten sollte, beschleunigt werden. (Andreas Hackl aus Jerusalem/DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2011)