In der Sommerhaus-Architektur zeichnet sich ein deutlicher Trend zu kleineren, einfachen Bauten aus Holz ab. Auch die Sauna Savu des finnischen Architekten Otso Virtanen spricht eine klare und reduzierte Formsprache. Mit angekohlter Oberfläche bedient sie sich einer aufwändigen alten Technik, die das Holz sehr robust macht.

Foto: Otso Virtanen / Wooden Boxes

Die österreichischen Sommerhäuser stehen den finnischen um nichts nach: Auch Peter Jungmanns schlicht wirkende Badehütte folgt einem einfachen Prinzip, die Ausführung aber war Präzisionsarbeit.

Foto: Peter Jungmann / Wooden Boxes

Die beiden Kuratorinnen Dörte Kuhlmann (r.) und Christina Simmel.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Dem Titel der Ausstellung folgend werden auch die Bilder der finnischen und österreichischen "Wooden Boxes" in Holzboxen, die hinterleuchtet werden, präsentiert.

Foto: Jasmin Al-Kattib
Foto: Christina Simmel

Der im Rahmen der Ausstellung vor dem Hauptgebäude der TU Wien im Resselpark aufgestellte "Hypercubus" des Architektenteams WG3 aus Graz ist ein mobiles Hotelzimmer für zwei Personen.

Foto: WG3

Während der Ausstellung kann der Hypercubus samstags ganztägig besichtigt werden, zwischendurch ist ein Besuch auf Anfrage möglich.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Das Institut für Architekturwissenschaften an der TU Wien präsentiert ab 18. August in seiner Ausstellung "Wooden Boxes" je zehn aktuelle Arbeiten der österreichischen und finnischen Gegenwartsarchitektur, die mit Sommerhäusern aus Holz Einfachheit und Minimalismus zelebrieren. Jasmin Al-Kattib sprach mit den beiden Kuratorinnen Dörte Kuhlmann und Christina Simmel über den Trend zu kleineren, einfachen Bauten aus Holz und deren ausgetüftelte architektonische Lösungen.

derStandard.at: Warum wird in Ihrer Ausstellung "Wooden Boxes" die Sommerhaus-Architektur aus Österreich der Bauweise aus Finnland gegenüber gestellt?

Kuhlmann: Wir wollen thematisieren, dass Sommerhäuser in Holzbauweise in Österreich oftmals einen übersehenen Teil der Baukultur darstellen. In Finnland haben sie eine sehr intensive Tradition, die auch im touristischen Blick sehr präsent sind. Länder wie Finnland und Schweden werden automatisch mit diesen Sommerhäusern verbunden. In Österreich glaubt man, es sei anders, aber eigentlich hat hier eine Parallelentwicklung stattgefunden.

Simmel: In Finnland sind es oft Sommerhäuser mit Saunahäusern, die zum Teil für den Gebrauch im Winter ausgelegt sind. In Österreich werden die Häuschen in der Regel ohne Sauna hauptsächlich für den Sommer gebaut – aber im Grunde ist es eine ähnliche Tradition.

derStandard.at: Wie hat sich diese Tradition entwickelt?

Kuhlmann: In Finnland, Österreich und anderen europäischen Ländern ist dieses Konzept nicht viel älter als etwa 100 Jahre. Als das Bürgertum versucht hat, es dem Adel gleichzutun, und nach der Industrialisierung die sommerliche Flucht aus der Stadt einsetzte, hatten die reichen Bürgerfamilien meistens ihre Villa am Land, nicht zu weit von der Stadt entfernt, um sie mit der Eisenbahn oder Pferdekutsche leicht zu erreichen. Erst mit dem Automobil wurde dann weiter weg von der Stadt gebaut, das sieht man an der finnischen Entwicklung ganz deutlich. Und mit dem Wegfall der Dienstboten und den veränderten Familienkonstellationen ging der Trend hin zu diesen typischen kleinen Sommerhäuschen.

Simmel: Erst da wurden die Sommerhäuser richtig "privat" im heutigen Sinne. Sie hatten keine Dienstbotenräume mehr, sondern nur ein Schlafzimmer und einen Wohnbereich, und damit wollte man auskommen – so minimal wie möglich.

derStandard.at: In Finnland sind kleine Sommerhäuser aus Holz bis heute sehr präsent. Geht in Österreich der Trend auch dorthin?

Kuhlmann: Auf jeden Fall. Holz ist in der Architektur neu entdeckt worden, gerade hierzulande hat sich eine junge Architekturszene entwickelt, die sich mit Holzbau beschäftigt.

derStandard.at: Es hat ja viele Vorteile, wenn man kleiner baut. Man muss weniger heizen, man braucht weniger Material ...

Kuhlmann: Und vor allem sind die Grundstücke natürlich in manchen Lagen sehr teuer. Das alles ist sehr stark im Kommen, das sehen Sie auch am Bausektor in Wien, zum Beispiel bei den Kleingartenhäusern, die jetzt als normale Einfamilienhäuser gebaut werden. Aber es ist auch aus architektonischer Sicht spannend: Wenn ein Architekt oder eine Architektin auf so minimalem Raum bauen muss, dann muss viel präziser gearbeitet werden und es müssen viel mehr Ideen eingebracht werden, damit man diesen Raum optimal nutzen kann. Man muss flexibler sein, auch im Umgang mit den Baumaterialien.

derStandard.at: Die typischen finnischen Sommerhäuschen sehen oft sehr einfach aus. Sind sie leistbarer als in Österreich?

Kuhlmann: Der Eindruck täuscht. Sie sind wahrscheinlich vom Preisniveau her ähnlich teuer wie in Österreich. Viele finnische Häuser basieren zum Beispiel auf einschaliger Blockbohlenbauweise. Die massiven Blockbohlen sind sehr kostenintensiv, auch in Finnland. Und die Bauvorschriften sind sehr streng geworden.

Simmel: Der Aufbau ist zwar oft sehr einfach, aber die Ausführung ist meistens sehr speziell, weil man versucht, im Rahmen der minimalen Möglichkeiten alles so gut wie möglich zu gestalten, und da auch nach individuellen und innovativen Lösungen sucht, die nicht immer kostengünstig sind. Oft sieht man auf den ersten Blick nicht, wie viel Arbeit und Gedankengut dahinter steckt. Die Häuser sollen einfach wirken, denn man soll das Gefühl haben, dass man sich darin erholen kann und nicht in einer Hi-Tech-Wohnmaschine Urlaub macht. Zudem spielt der Naturschutz in Finnland eine wichtige Rolle. Deshalb greifen auch gerade junge Architekturbüros gerne auf traditionelle Methoden zurück, das Holz zu bearbeiten. Die Abbrand-Methode bei einem der finnischen Projekte zum Beispiel ist sehr arbeitsintensiv, aber das Haus wirkt trotzdem sehr natürlich und rau, so wie die raue Natur. Oft wird genau diese Verbindung zur Natur gesucht.

derStandard.at: Wie kam es zu den Kontakten zwischen der Technischen Universität Wien und den finnischen Projekten?

Kuhlmann: Wir haben eine relativ lange Tradition, uns mit Finnland auseinander zu setzen. "Wooden Boxes" ist ein Nachfolgeprojekt der Ausstellung "Wood with a Difference" aus dem Jahr 2008. Bei "Wood with a Difference" wollten wir vor allem junge finnische Architektur nach Österreich bringen, weil es da höchst interessante Ansätze gibt, wie man mit Holz arbeiten kann, von rustikal bis minimalistisch. Und in der Auseinandersetzung mit diesen jungen Architekturbüros hat sich dieses Thema automatisch ergeben.

derStandard.at: Welche Aspekte finden Sie am Baustoff Holz besonders spannend?

Kuhlmann: Holz ist ein Baustoff, der lange Zeit etwas in Vergessenheit geraten ist, gerade in Österreich. Jetzt erfährt er aber wieder eine große Aufmerksamkeit, vor ein paar Jahren gab es in Wien dieses Projekt mit mehrgeschossigen Holzbauweisen – so etwas war früher noch undenkbar. Interessanterweise kam von Finnland dann auch der Einsatz von Holz im Bürobau aus Brandschutzgründen, weil die Massivholzbauweise brandschutztechnisch leichter zu berechnen und sicherer ist als zum Beispiel Stahlkonstruktionen. Dann interessieren mich auch die vielen neuen Umgangstechniken mit dem Werkstoff an sich, mit der Festigkeit, mit der Oberflächenbehandlung, auch die Ästhetik.

Simmel: Ich finde den traditionellen Umgang spannend – wie man das Material früher eingesetzt und behandelt hat und wie es jetzt mit den neuen technischen Möglichkeiten anders einsetzbar ist. Und den Versuch, diese beiden Dinge zusammen zu bringen. Also die Kombination der heutigen Möglichkeiten mit den traditionellen Methoden. Das ist sehr interessant, und daran wird sowohl in Finnland als auch in Österreich gearbeitet.

Kuhlmann: Es gibt in beiden Ländern eine junge Szene, die sich dieser Sache verschrieben hat, und die Ergebnisse sind wirklich toll. In Österreich finden sich etliche Büros, die sich auf die Holzbauweise spezialisiert haben und die sehr innovativ arbeiten – vielleicht viel innovativer als andere, die sich mit herkömmlichen Materialien wie Beton oder sonstwas beschäftigen. (Jasmin Al-Kattib, derStandard.at, 18.8.2011)