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Sonderfall mit päpstlicher Sondergenehmigung: Im Februar wurde in Köln ein verheirateter Familienvater zum Priester geweiht.

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Wien - Helmut Schüller und seine Mitstreiter "spielen mit dem Feuer": Jan-Heiner Tück, Vorstand des Instituts für Dogmatische Theologie an der Uni Wien, blickt sorgenvoll auf den Disput zwischen der Pfarrerinitiative und Kardinal Christoph Schönborn. "Ein öffentlicher Aufruf zum Ungehorsam ist ein provokativer Akt, der in direktem Widerspruch zu dem Versprechen steht, das die Unterzeichner bei ihrer Priesterweihe abgelegt haben. Außerdem verlangt die Initiative einige Punkte, die im Dissens zu amtskirchlichen Vorgaben stehen", sagt Tück im STANDARD-Gespräch.

Das Drängen der ungehorsamen Priester, welche die Priesterweihe für Frauen und Laienprediger fordern, erklärt er sich damit, dass der Unmut über fehlende Reformen in Teilen des Klerus groß ist.

Der Uni-Professor warnt aber davor, den Worten auch Taten folgen zu lassen: "Wenn die Kritik so weit geht, dass eine Lösung nicht nur vorgeschlagen, sondern auch gleich - ohne Abstimmung mit dem Bischof - umgesetzt wird, dann kann das schismatische Folgen haben: Das führt im schlimmsten Fall zu Formen einer sektiererischen Gegenkirche." Das könne einem Bischof nicht gleichgültig sein, "er muss da geradezu einschreiten".

Beispiel dafür wäre, so Tück, die im "Aufruf zum Ungehorsam" geforderte eigenmächtige Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen, Nichtkatholiken und Ausgetretenen zur Eucharistie. Im Konfliktfall könnten disziplinarische Maßnahmen durch den Bischof "relativ schnell erfolgen".

Sinnvoller wäre es gewesen, sagt der Dogmatik-Professor, auf "Gespräche hinter den Kulissen zu setzen". Er hofft, dass beide Seiten einlenken - "und keine Verurteilungen vornehmen". In manchen Punkten gebe es "durchaus Diskussionsspielraum", etwa in der Frage, wiederverheiratete Geschiedene wieder zur Kommunion zuzulassen oder in der Beurteilung homosexueller Partnerschaften, die auf Dauer angelegt sind. Eines sei klar: "Würden alle Forderungen mit einem Schlag umgesetzt, dann hätte die Kirche ein anderes Gesicht als jenes, das wir seit Jahrhunderten kennen."

Das scheinen Schüller und seine Mitstreiter anzustreben. "Die Kirchenführung hat in diesen Fragen die Autorität verloren", sagt Herbert Bartl vom Verein Priester ohne Amt. Wie 700 andere in Österreich darf er das Priesteramt nicht ausüben - Bartl ist verheirateter Familienvater. Dass sich die Situation im innerkirchlichen Streit beruhigen wird, glaubt er nicht: "Der Kardinal kann nicht abrücken, wir wollen es nicht." Suspendierungen schließt Bartl aber eher aus: "Da setzt man auf die Taktik 'Probleme aussitzen'."

Paudorfs Pfarrer Udo Fischer verkündet auf seiner Homepage schon, was er im Falle eines Rauswurfs tun möchte: "Sollte mich der Kardinal tatsächlich in die Wüste schicken wollen, zahle ich ihm mit meinem letzten offiziellen Gehalt eine Reise ebendorthin zwecks Besinnung und Studium der Bibel und der Kirchengeschichte. So wahr mir Gott helfe." (Peter Mayr, STANDARD-Printausgabe, 16.8.2011)