"Ich versuche ja auch nicht, Themen, die ich für das Land für wichtig halte, mit einem Flugblatt unter die Leute zu bringen", erklärt Laura Rudas ihren Zugang zu den Medien.

Foto: Standard/Urban

Standard: Zufrieden mit der Wahl von Alexander Wrabetz als neuem ORF-Generaldirektor?

Rudas: Sehr. Ich habe ja nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Wrabetz für den geeignetsten Generaldirektor halte. Es ist ein schönes Signal, dass er so breite Zustimmung bekommen hat.

Standard: Wie groß war Ihr Einfluss bei seiner Wiederwahl?

Rudas: Das wird maßlos überschätzt. Ich habe mich immer öffentlich für ihn ausgesprochen. Gewählt haben ihn die unabhängigen Stiftungsräte.

Standard: Die im SPÖ-Freundeskreis straff organisiert sind. Und Niko Pelinka, der sie dort als deren Leiter beaufsichtigt, ist gewissermaßen Ihre Erfindung.

Rudas: Bitte, das sind lauter unabhängige Stiftungsräte mit hohen beruflichen Funktionen in der Wirtschaft und anderen Institutionen. Deren Unabhängigkeit zeigt sich schon daran, dass keiner von ihnen Parteiangestellter, Mandatar oder sonst irgendwie von einer Partei finanziell abhängig ist.

Standard: Die aber alle brav auf Linie abstimmen. Da gab es im SPÖ-Freundeskreis keine Abweichung.

Rudas: Der Freundeskreis wird ja nur von außen so betitelt. Noch einmal: Der Stiftungsrat hat unabhängig entschieden. Dass die Abstimmung so deutlich ausgegangen ist, freut mich, aber das ist der Erfolg von Alexander Wrabetz und von sonst niemanden.

Standard: Wie groß war bei diesem Erfolg die Rolle von Pelinka?

Rudas: Er war für Alexander Wrabetz als Generaldirektor und hat ihn auch gewählt. Aber das ist der Erfolg von Alexander Wrabetz. Die Zustimmung war so breit, dass man diesen Erfolg niemand anderem umhängen kann.

Standard: Da unterspielen Sie bewusst die Rolle von Pelinka. Das bräuchte Ihnen doch nicht unangenehm sein, wenn einer in Ihrem Auftrag seinen Job gut macht.

Rudas: Wenn Wrabetz mit 29 von 35 Stimmen gewählt wird, ist das ganz alleine sein Erfolg und von niemand anderem.

Standard: Was erwarten Sie jetzt vom ORF? Noch größere Unabhängigkeit von der Politik? Ganz neutral allen Parteien gegenüber?

Rudas: Was mir auch als politischer Mensch wichtig ist: Der ORF ist ja nicht nur unabhängig, er hat in der Information auch im internationalen Vergleich unglaubliche Quoten. Dass sich so viele Menschen Informationssendungen im ORF anschauen, ist doch auch ein Beweis dafür, dass die Sendungen gut und unabhängig sind. So soll es weitergehen.

Standard: Altfinanzminister Ferdinand Lacina, eine geschätzte Persönlichkeit der österreichischen Sozialdemokratie, hat in einem Standard-Interview gemeint, dass nicht mehr die Politik die Schlagzeilen bestimmt, sondern dass die Boulevardpresse die Meinung der Politiker bestimmt. Sind die Politiker dem Boulevard hörig?

Rudas: Die Schlagzeilen bestimmen definitiv die Zeitungen, die machen sie ja und sonst niemand. Aber nein, die Politiker sind nicht hörig. Wir in der SPÖ haben mit der Gerechtigkeitskampagne gezeigt, dass man als Partei sehr wohl Themen setzen und so dazu beitragen kann, worüber in einem Land diskutiert wird. Aber natürlich gibt es auch Themen, die von den Medien kommen, die werden auch diskutiert. Aber Politik macht immer noch die Politik, und die Zeitungsleute machen Zeitungen.

Standard: Gerade dem Kanzler und Ihrem Parteichef Werner Faymann sagt man ein Naheverhältnis zur Zeitung "Österreich" nach, ihm kann man auch die Anbiederung an die "Kronen Zeitung" vorhalten.

Rudas: Völlig zu Unrecht! Wenn ich von mir ausgehe: Ich versuche ja auch nicht, Themen, die ich für das Land für wichtig halte, mit einem Flugblatt unter die Leute zu bringen. Natürlich nütze ich die Medien. Ich gebe Ihnen ja auch gerade ein Interview, weil ich etwas sagen will.

Standard: Aber Sie achten doch auch darauf, dass Ihre Inhalte mit dem kompatibel sind, was die "Krone" sonst üblicherweise vertritt.

Rudas: Da kann man sich gut anschauen, welche Themen die SPÖ in den vergangenen zwei Jahren gesetzt hat: Das geht von der Notwendigkeit einer Bildungsreform bis hin zur Gerechtigkeitskampagne. Das waren nicht nur Themen, die bei den Zeitungsherausgebern - egal von welchen Zeitungen - immer gut angekommen sind. Aber wenn man mit dem Boulevard eine breite Öffentlichkeit verbindet, haben wir die Themen, die die Mehrheit betreffen: Bildung, Gerechtigkeit. Da verstehe ich die Kritik nicht.

Standard: Lacina hat der SPÖ auch Ununterscheidbarkeit vorgeworfen und gemeint, es werde Leere produziert und mit Worthülsen angefüllt. Davon könnten Sie sich auch angesprochen fühlen.

Rudas: Nein, überhaupt nicht. Wenn man sich die EU ansieht, merkt man, dass die Sozialdemokratie dort in einer Oppositionsrolle ist. Österreich ist eines der wenigen Länder, das sozialdemokratisch regiert wird. Wir haben sowohl in Österreich als auch in der EU klare Positionen, von der Gerechtigkeitsfrage bis hin zur Regulierung der Finanzmärkte. Die Sozialdemokratie ist heute wichtiger und notwendiger denn je. Wir unterscheiden uns ganz deutlich von den anderen Parteien, von den Konservativen wie von den Rechtsparteien. Es gibt sonst keine Partei, die so stark für die soziale Gerechtigkeit und eine neue Finanzmarktregulatur eintritt wie die Sozialdemokratie.

Standard: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat den Ausschluss des Abgeordneten Werner Königshofer, der allzu stark am rechtsextremen Rand anstreift, angekündigt. Strache will also reinen Tisch machen, ist das glaubwürdig?

Rudas: Überhaupt nicht. Die FPÖ ist und bleibt eine Risikopartei, die sich nach wie vor nicht von ihrem rechten Rand verabschiedet hat. Die FPÖ fährt hier eine Zwei-Firmen-Strategie: Strache macht auf Staatsmann, und Martin Graf deckt den rechten Rand ab und bedient die Burschenschaften. Mit der FPÖ ist einfach kein Staat zu machen. Mit einem symbolischen Ausschluss ist es da nicht getan.

Standard: Sie sind als Politikerin sehr aktiv auf Facebook unterwegs, ebenso wie Strache. Sind Sie vielleicht auf Facebook befreundet?

Rudas: Nein, natürlich nicht.

Standard: Nach dem Scheuch-Urteil haben die Freiheitlichen sehr heftig die Justiz attackiert. Hat sich die Regierung vehement genug gegen diese Angriffe gewehrt?

Rudas: Die Justizministerin hat sehr klar darauf geantwortet, im Ton eben so vorsichtig, wie man das als Justizministerin machen muss. Für diese Attacken gibt es überhaupt kein Verständnis. Mit wem auch immer ich geredet habe, alle sind fassungslos, wie eine Partei, die sich auf "law and order" beruft, so einen Rundumschlag gegen die Justiz macht. Da agieren sie schon sehr wehleidig, wenn es einmal gegen sie geht. Da gibts null Verständnis dafür. (Michael Völker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.8.2011)